Hallo zusammen!
Mein Name ist Andy und ich bin 26 Jahre alt. Vor etwa einem halben Jahr bin ich auf dieses Forum gestoßen und habe interessiert die Geschichten weiterer Menschen mit einer Spielsucht gelesen. Nachdem es vor wenigen Monaten in meinem Leben eine Kehrwende gegeben hat und ich seit dem nicht mehr gespielt habe, würde ich gerne meine Geschichte mit euch teilen.
Zuvor möchte ich kurz auf mich und meine Sucht eingehen. Ich habe das Spielen (ausschließlich an Automaten) mit 18 begonnen. Eher zufällig durch einen Freund, der mich nach Feierabend in eine Bar gerufen hat, und mich an einem Automaten mit seinem Geld hat spielen lassen. Anfangs ging ich nur mit Freunden und wir spielten mit Beträgen in Summe unter 50€ pro Abend. Dies geschah damals etwa 1-2 Mal die Woche. Zu diesem Zeitpunkt habe ich studiert und das Geld war knapp, jedoch arbeitete ich jeden Tag, um mir das spielen irgendwie zu finanzieren. Der bezeichnendste Moment in meinem Studium im Zusammenhang mit meiner Spielsucht war das Schreiben meiner Bachelorarbeit. Ich hatte einen begrenzten Zeitraum von 3 Monaten und war jeden einzelnen Tag davon spielen (wie immer wenn ich mich von meinem eigentlichen Leben ablenken wollte). Ich habe meine BA in den letzten 3 Tagen innerhalb von 64 Stunden am Stück geschrieben und irgendwie bestanden.
Nach abgeschlossenem Studium habe ich einen Beruf in der Finanzbranche begonnen. Ich verdiente gutes Geld - verspielte jedoch alles. Aus den zu Beginn genannten 50€ wurden mittlerweile 300-500€ und das täglich. Ich leihte mir von unterschiedlichen Freunden in Summe 40.000€, welche ich komplett verspielt habe. Jedoch habe ich es immer irgendwie geschafft, dass niemand dieser Freunde Verdacht schöpft. Generell weiß absolut niemand aus meinem Verwandten-, oder Bekanntenkreis, dass ich spielsüchtig bin.
Nun aber zu dem eigentlichen Ereignis. Vorab noch die Anmerkung, dass ich deutschlandweit gesperrt bin und legal an keinem Automaten mehr spielen darf.
Es war ein ganz normaler Tag. Ich arbeitete bis um 12, holte 500€ bei der Bank und ging in meinen Stammladen, in welchem ich immer trotz Sperre spielen konnte. Ich zahlte die ersten 10€ ein, verspielte 3 davon und plötzlich hörte ich eine strenge Stimme hinter mir - ein Polizist. Er rief durch den Laden, dass alles stehen und liegen bleiben soll, da unterschiedliche Sachen kontrolliert werden, unter anderem wer spielt und ob die Berechtigung dafür besteht. Kurz nachdem er schrie stand ich direkt auf, warf meine Zigarette auf den Boden und eilte zur Toilette, obwohl ich meinen Platz eigentlich nicht verlassen durfte. Ich kann mich noch genau an diesen Moment erinnern, wie ich in dieser Kabine stand, extrem zitterte und dachte, dass alles auffliegen wird, ich meinen Job verliere und endlich die Strafe erhalte, die mir eigentlich zustehen würde. Aus Unsicherheit möchte ich nicht im Detail darauf eingehen, weshalb ich eine Strafe bekommen hätte, aber ich wäre hundert prozentig meinen Job los, und es hätte darüber hinaus extreme Konsequenzen.
Nach etwa 5-6 Minuten in der Kabine wusste ich es führt kein Weg daran vorbei, ich muss zurück an meinen Platz, da mein Handy, Geldbeutel und Geld dort lag. Ich fasste also all meinen Mut, ging zurück, steckte meine Sachen ein, meldete den Automaten ab. In dem Moment in welchem ich aufstehen wollte spricht mich eine weibliche Stimme an mit der Aufforderung meinen Ausweis vorzuzeigen. Ich drehte mich um zur Polizistin und realisierte in diesem Moment, dass es eine Bekannte von mir war. Sie war völlig sprachlos, da sie mich niemals in diesem Laden und dieser Situation erwartet hätte. Nach einer der härtesten 5 Sekunden in meinem Leben lächelte sie mich an und meinte, dass wir kurz aus dem Laden gehen sollen. Vor dem Laden angekommen unterhielten wir uns kurz und sie lies mich ohne jegliche Kontrolle und jeglicher Folge gehen.
Auch jetzt, wenige Monate später, läuft es mir absolut kalt den Rücken herunter wenn ich an dieses Erlebnis denke. Ich hatte seit dem Ereignis nicht eine einzige Sekunde ernsthaft das Bedürfnis oder die Sehnsucht nach dem Spielen.
Der Status Quo ist, dass ich nicht in Worte fassen kann, wie befreiend das Gefühl ist nicht täglich immer nur ans spielen zu denken, sondern unbeschwert sein Leben zu leben. Mein geliehenes Geld habe ich größtenteils zurückgezahlt und werde den Rest in etwa 8 Wochen begleichen können.
Ich weiß ehrlicherweise nicht, wie ich meinen Post abschließen soll, außer dass ein spielfreies Leben ein Traum für den es sich zu kämpfen lohnt, egal wie hart der Kampf auch sein mag.
Andy