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Autor Thema: Ich bin hier um aufzuhören...

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E
Ich bin hier um aufzuhören...
OP: 18.03.2023 01:27:59
Guten Abend, werte Gemeinde von Betroffenen und Angehörigen.

Ich versuche es kurz zu machen, aber durch meinen Gedankensturm im Kopf (ADHS) wird es wohl ein längerer Text.

Ich bin Vater, Ehemann, ADHSler und Ende 30.

Ich bin Spielsüchtig! Ich habe mich damit nie auseinandergesetzt, bis vor ca. 4 Wochen, als ich aktiv zu mir selbst gesagt habe, dass ich süchtig bin.

Ich habe mit Beginn von Corona mit Ausgangssperre etc damit angefangen.

Einmal im Leben habe ich ner Kneipe an einem Slot Automaten gespielt, habe 50 Euro aus 5 Euro gemacht und mit meinen Brüdern dafür Quasi die 50 Euro vertrunken, weil wir uns ja wirklich selten sehen.

Bei Beginn von Corona kam die langeweile und durch meinen Schichtdienst viel Abendliche Freizeit am Rechner und irgendwie dachte ich, dass ich ja mal nach einem Onlinecasino schauen kann um etwas Spaß zu haben...
Die ersten Monate lief es auch ganz gut. 10 bis 50 Euro im Monat eingezahlt und immer gut weggekommen.

Dann kam der Gedanke "Wenn die Einsätze höher sind, sind auch die Gewinne höher"

Ich habe mich oftmals total in "Rage" gespielt, war frei von allen alltäglichen Sorgen, von meinem ADHS Gewitter im Kopf, habe mich nur auf die Maximierung meiner Gewinne konzentriert.

Aus 50 Euro habe ich 1500 Euro gemacht, Stundenlang Slots gespielt, viele, viele verschiedene ausprobiert und immer öfter Eingezahlt.

So habe ich in den letzten 3 Jahren deutlich über 50.000 Euro verspielt, bei einem Bruttojahreseinkommen von gut 50.000.

Finanzielle Verpflichtungen an meine Frau habe ich nicht, da sie genug eigenes Geld hat und wir beim Einkaufen immer mal der, mal der bezahlt...

Anfang letzten Jahres kam dann der Tag, an dem ich meine monatlichen Verpflichtungen nicht mehr zahlen konnte, weil ich alles verzockt hatte. Also habe ich deswegen einen Kleinkredit von 3500 Euro aufgenommen bei 24 Monaten Laufzeit.

Daraus sind mittlerweile drei Kleinkredite geworden. Meinen Dispo konnte ich in den letzten 2 Jahren von 6400 Euro auf 3400 herunterschrauben durch monatliche Herabsetzung, was ja auch wieder einem Kredit entspricht.

Vor zwei Wochen, als bei meiner Frau, die seit 3 Jahren Selbsständig ist nun den Steuerbescheid für diese 3 Jahre  bekamt, welcher 42.000€ beträgt sagten Ihre Eltern, dass ich etwas dazu geben sollte. Ich sagte, dass meine ganze Steuerrückzahlung schon mit ihrer Steuer verrechnet wurde und ich somit meinen Beitrag geleistet habe.

Wie dem auch sei, sie fragte wo denn die 3500 Euro die ich im Monat bekomme denn sind. Ob ich meiner Mutter (die wenig Geld hat) ständig Geld schicke oder was ich damit mache.

Ich stand Wortlos da, stand mit dem Rücken an der Wand, wusste, dass ich jetzt sagen muss was Sache ist.

Ich ging in die Küche, habe mich gesammelt und habe ihr 5 Minuten Später gesagt, dass ich Spielsüchtig bin und deswegen nie Geld habe.

Am selben Tag sagte ich es auch ihren Eltern, auf deren Gehöfft wir leben.

Anfang dieser Woche bin ich dann total eskaliert, habe 12 Stunden gespielt in zwei nächten und habe 1500 Euro verloren...

Vorgestern habe ich mich dann in "meinen" beiden Casinos auf Lebenszeit sperren lassen. Ich habe meine Kryptohandelsplattform ebenfalls verlassen, weil man dort überweist und KryptoCoins bekommt, welche ich dann sofort an das eine Casino gesendet habe.

Die letzten zwei Tage liefen in meinem Kopf ab wie im Film, ich fühlte mich, als wäre ich nur Zuschauer, als wäre ich garnicht in mir selbst, sondern sehe nur einen Film. Die ganze Sache hat mich so aufgewühlt, dass ich psychisch so am Ende war, dass ich kurzfristig dachte ich muss mich einweisen, weil ich nicht mehr klar denken kann.

Ich hoffe, dass ich mit meiner Sperrung und dem Eintrag in zwei Internationale Sperrlisten den wichtigsten Schritt gemacht habe.
Es war die absolut richtige Entscheidung und ich bereute es gerade absolut nicht, weil es wichtig war...

In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Abend und wir lesen uns!

der ExilHesse
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Re: Ich bin hier um aufzuhören...
#1: 18.03.2023 08:15:19
Moin ExilHesse,

so ein "Schock" tut manchmal ganz gut. Auch wenn grad Gewitter durch deinen Kopf ziehen,
war das vermutlich mal dringend nötig.

Im Prinzip hast du ganz klar erkannt, worum es geht und dass du unbedingt was machen musst.
Nicht irgendwann, nicht nächste Woche, sondern JETZT.
Und  das "jetzt" ist dann auch wörtlich zu nehmen.
Falls noch nicht genutzt solltest du auch das OASIS Sperrsystem ( für legale Angebote ) nutzen. Schaden kann es ja nicht.

Dein Geld ist weg. Daran ändert sich nichts. Ausgegeben für dein "Hobby". Verfalle da nicht dem Gedanken, dass du irgendwie einen Teil davon zurück gewinnen  könntest .. das wird nicht passiert. Und wenn es passiert, sorgt dein "Spielerhirn" dafür, dass du es noch schneller wieder verspielen wirst.

In den Beiträgen dieses Forums findest du ganz viele Anregungen, was du jetzt tun musst/sollst/kannst/willst.
Ich brauche diese nicht erneut aufzuschreiben.

Lass uns wissen wie du dich entschieden hast und was du heute schon dafür getan hast.

Kopf hoch !
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Re: Ich bin hier um aufzuhören...
#2: 18.03.2023 10:26:17
Hallo ExilHesse und herzlich Willkommen im Forum,

zwei Dinge:
Deine Spielsucht und Deine momentane finanzielle Situation.
Das Zweite mag zeitlich schon zu bewältigen sein.
Ersteres benötigt dagegen wesentlich mehr Aufmerksamkeit. 

Du bist schon seit über einem Monat hier im Forum angemeldet, heute Dein erster Beitrag von Dir.
Stattdessen spieltest Du weiter, erst diese Woche ja wieder.
Nichts desto.....gut dass Du nun diesen Kontakt hier nutzt.     
 
Die letzten zwei Tage liefen in meinem Kopf ab wie im Film, ich fühlte mich, als wäre ich nur Zuschauer, als wäre ich garnicht in mir selbst, sondern sehe nur einen Film. Die ganze Sache hat mich so aufgewühlt, dass ich psychisch so am Ende war, dass ich kurzfristig dachte ich muss mich einweisen, weil ich nicht mehr klar denken kann.

Narkotische Wahrnehmung aus den Folgen deiner Spielsucht.
Dies alles ist eine große Last für dich und deine Familie und nur du alleine kannst sie euch allen nehmen.
     
Ich hoffe, dass ich mit meiner Sperrung und dem Eintrag in zwei Internationale Sperrlisten den wichtigsten Schritt gemacht habe.
Es war die absolut richtige Entscheidung und ich bereute es gerade absolut nicht, weil es wichtig war...

Es sind durchaus sinnvolle und auch wichtige Schritte zum Selbstschutz.
Warum solltest Du es auch gerade bereuen oder drehst die Fragestellung einfach zur Antwort ?
Doch mit diesen zwei Schritten bist Du keinen Einzigen mit dir selbst weiter gekommen.

Unterschätze nicht dein Suchtgedächtnis, nicht den Hang zur Lüge dadurch.
Es gibt nichts zu gewinnen beim Glücksspiel für dich, eventuelle Gewinne nur neues Spielgeld...ein Kreislauf der dich vernichtet.
Ich selbst ging diesen Weg über so eine lange Zeit, ich habe es einfach zugelassen.
Nicht dass ich dadurch meine Familie weniger liebte, doch etwas war mir anscheinend wichtiger.
Mein krankhafter Trieb zu spielen....Egoist

Durchatmen ExilHesse, nutze alle Möglichkeiten die dir weiterhelfen.
Suchtberatung
Selbsthilfegruppe
Eine event. Therapie stationär oder ambulant
Betreuung durch einen Psychologen

Dies wären Maßnahmen um etwas für dich zu ändern.

Spielsperren, OASIS, Geldmanagement sind zudem noch gute Werkzeuge.
Die verhindern dass es wieder einmal so fatal wird und sichert etwas eure Gelder.
Doch wirkt es kaum auf deine Erkrankung direkt ein.
Kaum kannst Du dir doch selbst vertrauen...nicht von heute auf morgen.
Du bist ein pathologischer Spieler!

Kannst Du diese Möglichkeiten nutzen ?
Möchtest Du es auch ?
Wie wichtig ist es dir, deiner Familie ein guter Begleiter zu sein ?
Oder ist diese schier unbändige Kraft zu spielen viel zu stark, und Du redest nur davon...nicht mehr zu spielen ?

Fragen die Du für dich selbst beantworten kannst.

Lieber ExilHesse, dies ist alles nicht leicht, ich weiß es sehr gut.
Es muss von dir kommen, es muss in dir wachsen und Du solltest es unbedingt angehen.
Nicht Halb oder mal sehen....Du musst dich bewegen!   

Du bist mündig und kennst alle Folgen, keiner wird dir eine Hand auflegen und dich erlösen.
Vater, Ehemann, ADHSler und pathologischer Spieler.
Ich sehe da nichts was zukünftig hinderlich wäre...in eine vertraute Zeit.
Je nach Umgang damit.
Eine Mischung aus Selbsterkenntnis, teilen, steuern, eingehen und Logistik.   

Schön von dir zu lesen, Kopf hoch.
Packe es an......die Leiter hoch bis ganz nach oben.


Liebe Grüße   

/Und hey an Harald, habe mich echt am Riemen gerissen...Phrasen so gut es eben ging zu vermeiden.   

   

 


   

 
   
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« Letzte Änderung: 18.03.2023 10:51:34 von Jacky1 »
 
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Re: Ich bin hier um aufzuhören...
#3: 18.03.2023 18:31:37
Hallo Exil,
auch  von mir ein herzliches Willkommen.
Ich selbst war lange und wiederholt online Casinos verfallen. Leider musste ich für mich feststellen, sperren in meinen "lieblings" Casino hat mich nicht weiter gebracht... Sobald die erste Reue Phase vorbei war habe ich mich in neuen Casinos registriert...
Es ist wichtig zu begreifen, woher kommt deine Sucht und was sind die Hintergründe... Erst dann kannst Du dich ernsthaft davon befreien.  Aus meiner Erfahrung kann ich Dir sagen, der Weg lohnt sich. Du wirst dich besser und neu Kennenlernen. Suche Dir daher professionelle Hilfe.
Ich hoffe wieder von dir zu lesen
LG Medea
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Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Aristoteles
 
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Re: Ich bin hier um aufzuhören...
#4: 18.03.2023 21:49:16
Hallo erneut!

Dieses betäubte Gefühl bekam ich, als ich realisiert habe, was ich da eigentlich an Geld verzockt habe, welche Mengen.
Ich habe das Geld abgeschrieben. Das meiste habe ich nämlich dadurch verloren, dass ich meine Verluste wieder
hereinholen wollte.
Ich sitze auch gerade am Rechner und habe nicht das Bedürfnis zu spielen, auch den ganzen Tag nicht daran gedacht.

Aber ich werde trotzdem zur Suchtberatung gehen und auch längerfristig daran arbeiten.
Im generellen wollte ich so oder so eine Therapie machen, es sind soviele Baustellen in meinem Kopf, dass ich garnicht
weiß wo ich da anfangen soll.
Ich nehme seit 2019 antidepressiva, seit mein 2018 Vater sehr elendig dem Krebs erlegen ist. Seitdem habe ich aus dem nichts heraus
Panickattacken. Mit den Medikamenten ist das alles in Ordnung, aber auch das kann keine Dauerlösung sein.

Ich möchte mich jetzt wieder mehr in der Hofarbeit einbringen um Aufgaben für mich zu haben.

Ich darf nie sagen, dass ich Spielsüchtig WAR, sondern süchtiger BIN. Das habe ich verinnerlicht.

Aber ich danke euch für all eure Beiträge und hoffe, dass man sich hier weiter austauschen kann
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Re: Ich bin hier um aufzuhören...
#5: 19.03.2023 00:12:25
Hallo ExilHesse,

Du kannst dich immer hier austauschen zu jeder Zeit.
Wie auch immer es nun ist bei dir, was alles so geschehen ist und ja von mir aus auch.....verlorenes Geld.
Das Bedürfnis verlorenes Geld wieder zurück gewinnen zu wollen ist ein Mythos.
Das antreibende Alibi eines jeden Spielers.

Ein sehr guter Plan dich bei der Hofarbeit mit einzubringen. 
Einmal gespannt wie es bei dir so weiter geht.

Liebe Grüße 


 
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