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Autor Thema: Bin ich süchtig?

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Re: Bin ich süchtig?
#15: 11.05.2022 23:18:07
Ich habe Mal den letzten kompletten Abend, an dem ich verloren habe Revue passieren lassen. Und ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum konnte ich nicht aufhören. Warum immer nochmal verdoppeln und nochmal. Obwohl ich zu Beginn sogar 70 Euro im Plus war. (Eigentlich war das Essen mit der Familie damit gesichert, auschecken, glücklich sein und schlafen, fertig)

Nur aber um am Ende mit 2000 Euro im Minus da zu stehen, mit runtergelassen Hosen.

Warum...?
Und, was wäre, wenn ich vielleicht nicht 2000 Euro an dem Abend verloren, sondern gewonnen hätte? Oder 4000, oder sogar 8000 Euro?
...
Ich weiß es jetzt. Ich hätte am nächsten Tag wieder gespielt. Und dann wieder und dann wieder, ich hätte vielleicht sogar etwas von dem Gewinn schnell auf mein Konto überwiesen, damit ich das nicht auch verspiele. Aber spätestens, wenn ich wieder eine Pechsträhne hätte, wäre der Gewinn wieder auf meinem Spielkonto gelandet und wenn der auch weg wäre, hätte ich wieder mein Erspartes angekratzt...

Warum also das ganze?

Es hört sich jetzt irgendwie paradox an, aber ich glaube, weil ich verlieren will beim Spielen...ich will einfach gar nicht gewinnen.

Tief in mir will ich gar nicht beim Wetten gewinnen, nur damit ich mir am Ende sagen kann, ich habs doch gewusst.
Und weil ich so ein großes Ego und noch größeren (falschen) Stolz habe, der keine Niederlagen akzeptieren kann, spielte ich weiter.
Mein oberflächiges Ego und mein sehr tief (unbewusst?)  Sitzender Verliererzwang sind eine hochexplosive Mischung beim Wetten....der Alkohol, dem ich keine schuld geben kann, nimmt mir dann den Rest meiner Hemmungen (sprich: die restliche Schutzmechanismen werden außer Kraft gesetzt) und das Übel nimmt seinen Lauf.

Das alte Muster also, zu verlieren, welches ich sehr gut kenne, darin fühle ich mich anscheinend beim Spielen sehr wohl. Und viel Geld in kurzer Zeit zu gewinnen, ist ungewohnt und damit kann ich nicht umgehen.
Also muss es schnell wieder verwettet werden.
Kann das sein? Obwohl ich ein sehr optimistischer und sehr positiver Mensch bin, habe ich tief in mir einen Drang, den ich jetzt sehe, der mich gerne verlieren lässt...weil ich mich darin, so dumm es sich anfühlt irgendwie wohl fühle.

Komischerweise ist es aber bei der Arbeit ganz anders. Auch beim Sport bin ich eher ein Gewinner-Typ.
Wie ist es in meinem Privatleben? Ich bin mit meiner Frau über 20 Jahre zusammen,...aber wir streiten sehr oft. Da ist das Gefühl glaube ich ähnlich wie beim Spielen...bei meinen Kindern hingegen ist es wie die Sonne, die am Himmel aufgeht, vor allem bei meiner Tochter...sie ist meine Sonne, mein Herz, wie auch meine beiden älteren Jungs....mein Gott, was schreibe ich da, so als sei ich komplett betrunken, aber seit dem letzten Spielen trinke ich nichts mehr und werde es auch nicht mehr...
Ich glaube, ich taste mich langsam der Ursache meines Spielens ohne Grenzen Stück für Stück heran...nur ist das gut oder schlecht? Eine Erkenntnis wirft zwei neue Fragen auf...

Ich glaube das reicht für heute, jetzt gehe ich erst Mal schlafen...

Vielleicht geht es einem von euch ja ähnlich und kann das aberwitzige Zeug, was ich gerade gefasselt habe und selber nicht so ganz verstehe, wenigstens ein bisschen nachvollziehen. Dann würde ich mir nicht ganz so dumm vorkommen.
...
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Re: Bin ich süchtig?
#16: 12.05.2022 09:24:23
Moin Pascal,


Es hört sich jetzt irgendwie paradox an, aber ich glaube, weil ich verlieren will beim Spielen...ich will einfach gar nicht gewinnen.

schön zu lesen wie Du anfängst zu schauen was bei Dir im Kopf abläuft. Ich persönlich denke, je nach dem in wie weit die Sucht ausgeprägt ist, bzw man drinnen steckt, verschieben sich die Realitäten. Es geht aber nie ums gewinnen oder verlieren. Das Geld wird als Suchtmittel angesehen und eingesetzt, d.h. es gibt eh kein Gewinn der groß genug ist, genauso wie es dann logischerweise kein Verlust gibt, der groß genug ist, um vom Spiel loszukommen. Das kann also nie die Lösung sein. Wenn nach Erklärungen für sein Verhalten und den "unerklärlichen" Kontrollverlusten gesucht wird, kommt man darauf und fühlt sich dumm. Es hat aber nie was mit Dummheit zu tun, es bringt die Sucht einfach mit sich. Erwiesenermaßen sind viele Spieler hochintelligente Menschen..... also streich das ( dumm fühlen, Selbstvorwürfe etc)
Denke auch dran, Körper und Geist Deine neuen Erkenntnisse  verarbeiten zu lassen, "sacken" lassen.

Lies auch mal bei den Angehörigen, das hat mir auch immer viel geholfen, auch wenn ich oder gerade weil ich mich beim lesen der Beiträge für mich selbst schämte, dennoch brachte es mir Demut und Respekt vor unser Sucht.

Lieben Gruß
André
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Wer etwas will, der findet Wege. Wer etwas nicht will, der findet Gründe….
 
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Re: Bin ich süchtig?
#17: 12.05.2022 10:18:34
Hallo Pascal,

Alkoholiker, Heroinabhängige usw.  oder pathologische Spieler bekommen durchaus etwas durch ihren Suchtkonsum.
Was auch immer es ist, es scheint ein unbändiges Verlangen auszulösen.
Doch was es dabei zu verlieren gäbe, Selbstachtung, Gesundheit, Freiheit, Familie, Arbeitsplatz, Sozialkompetenz, Geld und zuletzt das eigene Leben.
Macht alle zu suchenden "Verlierern".   

Der Reiz für mich, gerade an Spieltischen war ja eben auch verlieren zu können.
Davon wollte ich mich aber abheben und ignorierte einfach meine langzeitigen Verluste.
Doch diese waren ja da und ich wusste es auch ganz gut, daraus entstand auch ein noch größerer Ansporn immer weiter zu spielen.   
Und es war mir klar, ich konnte niemals so viel gewinnen wie ich eigentlich verlieren konnte.
Es gäbe an den Einsätzen eh kein Limit, dass mich hinderte ...je nach meinem jeweiligen zur Verfügung stehenden Budget.
Ob nun 20 Cent pro Spiel beim Imbiss um die Ecke oder im blauen Saal des Casinos Baden Baden...es spielte keine Rolle.
Es ging nur um das Spiel, die Emotionen und die Verdrängung meiner selbst!
Mehr war es nicht.

Ich bekam dafür einen Scheißdreck und setze dafür alles ein.
Dies ist schon sehr schade für jeden der beim Glücksspiel verweilt und dort stetig bliebe.
Für jeden Menschen der warum auch immer unter einer Suchterkrankung leidet.
Ja, es ist nicht Spaß und Spannung...es ist pures Leid für so viele.
Jeder von Ihnen verliert.

Wenn man etwas nicht kontrollieren kann, muss man davon lassen.
Wenn es alleine nicht funktioniert, muss man sich Hilfe dazu holen.
Wenn.....ein weiteres "wenn" gibt es nicht, es wäre voller Konsequenzen und kaum noch zu tragen/ertragen.   

Liebe Grüße     
   
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Re: Bin ich süchtig?
#18: 14.06.2022 22:20:41
Hallo Leute,

mein letzter Eintrag ist vom 11.05. das sind bereits knapp über zwei Monate her.

Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht. Seit diesem Zeitpunkt habe ich keinen Tropfen Alkohol getrunken, 6kg angenommen, viel Sport getrieben und nicht gezockt.

Zwei bis drei Mal kam der Gedanke? Das Verlangen? Oder wie sollte man es nennen?

Dank meiner Weiterentwicklung durch durch euch in diesem Forum, konnte ich den Gedanken/das. Verlangen sehr nüchternd betrachtet im Kopf durch- und weiterspielen.

Der Gedanke kam immer ganz schleichend wie eine Stimme im Kopf: cool, heute ist Endspiel Frankfurt gegen Glasgow, enspanne dich einfach und du kannst ja noch ne kleine Wette abschließen und dabei schnell was gewinnen...

So in etwa war einer der drei kurzen Plops.

Aber anstatt zu Wetten habe ich wie oben beschrieben BEWUSST das ganze durch- und weitergedacht.

"Ja, cool, wenn ich jetzt kurz spiele und sogar gewinne, dann werde ich wieder spielen und wieder, und dann habe ich vielleicht viel gewonnen, aber dann werde ich weiterspielen, bis alles wieder weg ist, und dann will ich es vor lauter Scham und Frust zurückgewinnen und setzte noch mehr und noch mehr ein und dann wird's wieder richtig teuer, unterm Strich werde ich mich dann wieder richtig hassen und verachten."

Zweites Szenario:
"Cool, dann wette ich Mal kurz, so dumm wie beim letzten Mal werde ich natürlich nicht mehr sein, also wette ich. Ich verliere. Sind vielleicht am Anfang nur 20 Euro. Ich denke also, ha, gut, nur 20 Euro verloren, bist nicht wieder so dumm 2000 Euro verwertet zu haben.
Aber innerlich nagt es an mir: hm..ich habe wieder gewettet und 20 Euro Minus in der Bilanz. Wette einfach noch einmal 40 Euro, dann gewinnst du und bist im Plus, und dann hörst du auf.
Also Wette ich wieder, und das gleiche Spiel wie in Szenario eins hat begonnen."

Es gibt noch sehr viele Szenarien, die ich innerlich durchspiele oder durchspielen könnte....alle sind am Anfang und in der Mitte unterschiedlich......aber eine Sache endet und endet immer wieder gleich:

Das Ende wird immer das gleiche sein:
Ich werde ALLES verloren haben: das Geld, mein Selbstbewusstsein und vielleicht sogar noch mehr.....

Und diese Erkenntnis habe ich hier gelernt.
Ich willl gar nicht wissen, was ich bisher dadurch gespart habe. Daaanke🤗

Mit ewiger Demut und Wachsamkeit werde ich dem Thema Glücksspiel  gegenüberstehen...
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Re: Bin ich süchtig?
#19: 14.06.2022 23:43:05
Hallo Pascal,

Du setzt Dich ja damit auseinander, hinterfragst warum und hast einige Facetten der Sucht schon gut erkannt.
Es ist sehr gut dass Du hier schreibst und es entwickelt sich ja immer weiter.
Hast keinen Alkohol getrunken und nicht gespielt, daraus erwacht auch ein neues Bewusstsein.   
Teile dies weiterhin, auch mit Menschen in Deinem Herzen.

Und versuche alles weiter stetig aufzubauen.
Es ist doch so wichtig und wenn es schwierig wird ist Hilfe allerorts zu finden.
Nehme auch jede erdenkliche dann an.

Du hast gefragt "Bin ich süchtig?"
Die Antworten dazu hast du Dir selbst gegeben.
Manchmal muss ich mir selbst sagen " Unterschätze es nicht", ich gebe es gerne an Dich weiter.     

Liebe Grüße
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Re: Bin ich süchtig?
#20: 08.01.2023 16:38:19
Hallo Leute,
schon wieder über ein halbes Jahr vergangen. Ich bin immer noch sehr froh, damals hier gelandet zu sein,...denn wenn ich es nicht getan hätte, wäre ich vermutlich schon arm, sowohl finanziell, als auch geistig.
Bisher habe ich keine einzige Wette mehr abgeschlossen und habe auch nicht den Drang oder ähnliches danach. Da ich immer noch weiß, dass man hierbei am Ende immer verliert.

Das war die Quint Essenz für mich nicht mehr zu spielen....seitdem gehe ich öfters mit meiner Familie essen. 1000x besser....
Ich melde mich wieder und hoffe andere finden auch den Ausstieg aus diesem Teufelskreis.
LG
Pascal
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Re: Bin ich süchtig?
#21: 08.01.2023 18:38:23
Hallo Pascal,

ja die Zeit vergeht.
Es ist ja nicht alles nachzuvollziehen was Du so gegen Dein Suchtverhalten unternommen hast.
quo vadis ....aber es geht Dir ja wesentlich besser heute.
Es sind auf jeden Fall gute Nachrichten und schön dass Du Dich immer einmal wieder meldest.

Liebe Grüße   
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Re: Bin ich süchtig?
#22: 15.03.2023 19:56:23
Hallo ihr Lieben,
ich bin gerade sehr erschüttert. Meine Kids schauen gerne YouTube und besonders Gamern beim Zocken zu. Mein Großer meinte, dass Flobby, ein YouTuber, den ich auch gerne geschaut habe, weil er ein Spiel streamt, das ich auch gerne spielte, gestern Selbsttötung begangen haben soll.

Habe gerade auch noch Mal darüber im Netz gelesen. Jetzt stand da, dass er sich selbst getötet hat, weil er Spiel- und Wettsüchtig war. Das hat er wohl in seinem Abschiedsbrief geschrieben. Das hat mich zutiefst getroffen.
Der arme Kerl war erst 22 Jahre alt und hat aus diesen besch.... Gründen sein Leben beendet.  Es ist so traurig, was diese Maschinerie von Wettanbietern mit jungen Menschen macht. Das müsste einfach alles verboten werden. Ich bin gerade sehr traurig darüber....r.i.p. Flobby
Sorry Leute, das musste einfach raus! :-(
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Re: Bin ich süchtig?
#23: 16.03.2023 09:00:16
Hallo Pascal,

ich kannte ihn nicht, kenne nur Knossi und seine Zockerbande.
Möchte nun gar nicht so konservativ sein und wirklich mit Respekt vor jedem Menschen.
Wer soziale Plattformen oder Streams dazu nutzt, Spiele/Glücksspiele zu werben setzt sich mit den
Anbietern an einen Tisch. Glorifiziert und fördert den Umgang damit.

Und keiner wollte dort in den Videos von Sorgen, Problemen oder Selbstaufgabe hören.
Die ja zweifellos da sind und wieder war es eine Flucht in eine "spielerische Welt".
Nun ist es ja zu sehen, welche dramatischen Folgen entstehen können.
Es ist unglaublich traurig wenn Sorgen zu solch einer finalen Selbstaufgabe führen.
Er keinen anderen Weg mehr gefunden hat.

Selbsttötung ist keine Kultur, sie entsteht aus verzweifelter Lage.
Games und Glücksspiel ist aber eine Kultur!
Und die Welt mag nun einen Streamer verloren haben....vor allem einen sehr wertvollen Menschen.

Liebe Grüße
     
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Re: Bin ich süchtig?
#24: 16.03.2023 19:53:22
Hallo Pascal,

ja das war der Junge über den ich gestern auch geschrieben hatte unfassbar traurig... Bei mir in der Firma war das heute lange Thema. Auch weil die Kinder meiner Mitarbeiter ihn kannten und auch erzählt haben unter Jugendlichen ist es oft normal ein Sportwetten Konto zu haben.. das gehöre dazu .
Wirklich traurig.
Ich hoffe, dass so ein schlimmer Fall vielleicht ein wenig auch dazu beiträgt es in den Familien zu thematisieren.
Gruß Medea
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Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Aristoteles
 
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Re: Bin ich süchtig?
#25: 16.03.2023 20:57:08
Hallo,

in erster Linie ist jemand der sich so etwas angetan hat, ein erkrankter Mensch der so viel Hilfe benötigte.
Dann Einsam sich wohl auch noch selbst die Schuld gab und absolut keinen Ausweg mehr wusste.
Alles andere früher, hat jeder ja gesehen und hat sich gefreut, gelacht, geärgert usw....halt miterlebt von außen!
Es ist ein unbeschreiblich großer "Fehler" wenn sich jemand umbringt...das absolut unerträgliche daran...Er weiß es selbst!
Das Wort "Fehler" ist sowas von unangebracht, genau so wie der ganze ""soziale"" Umgang mit dem Spielen.
Ich selbst werde dies alles hier niemals vergessen, auch nicht Dinge von früher.
Aber irgendwann werde ich es einfach zur Seite legen, hoffe in einem hohen gesunden Alter.
Aber eines wird immer bleiben....und ich darf auch immer wieder hier im Forum erfahren..damit bin ich nicht alleine.

Liebe Grüße
 
 
 
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