Hallo,
vor 3 Tagen flog meiner Mutter und mir unser Leben um die Ohren als wir heraus fanden, dass mein Vater meine Mutter um +100.000€ betrogen hat. Das ist ein so hoher Betrag, den wird sie ohne Privatinsolvenz niemals mehr los. Warum flog das ganze jetzt erst auf? Vielleicht waren meine Mutter und ich sehr naiv, haben alle Finanzangelegenheiten immer meinem Vater überlassen. Meine Mutter ist was Bankgeschäfte und Finanzen und seit Onlinebanking auch Technik angeht nie sonderlich bewandert gewesen und war deswegen “froh”, dass mein Vater das übernommen hat. Bis vor diesem Jahr hätten wir auch niemals gedacht, dass es um unsere Finanzen schlecht steht - meine Mutter verdient gut, mein Vater ist allerdings bereits seit 4 Jahren arbeitslos (vermutlich hat es dort auch begonnen so schlimm zu werden) - trotzdem waren wir bisher seit ich lebe (28 Jahre) immer im Urlaub, oft auch mehrmals im Jahr, konnten uns alles was wir brauchten erlauben und meine Eltern haben auch mich finanziell unterstützt indem sie meine Miete und meinen Semesterbeitrag gezahlt haben.
Wie flog es nun auf? Anfang des Jahres behauptete mein Vater, dass es Schwierigkeiten bei der Bank gäbe, dass das Onlinebanking nicht funktioniere & deswegen Dinge nicht abgebucht werden. Er fälschte E-Mails der Bank um mich und vor allem meine Mutter in die Irre zu führen, keiner von uns hinterfragte es. Ich bot auch mehrmals an, dass ich mich mal in das Onlinebanking einloggen könnte, aber dort wurde gemauert oder mein Vater gab mir falsche Zugangsdaten. Ich schlug ebenfalls vor zusammen zur Bank zu gehen, auch dies wurde immer ignoriert oder er sagte: Nee ich geh wohl dann und dann selber. Meine Mutter verzweifelte über die Situation keinen Überblick mehr über Finanzen zu haben, vor abgelehnten Daueraufträgen und Mahnungen zu stehen - schließlich brachte sie eine Kollegin auf den Gedanken, dass hier vermutlich nicht die Bank sondern ihr Mann das Problem ist und eine Spielsucht vorliegen könnte. Nachdem meine Mutter mir diesen Verdacht erzählte, sich dabei aber natürlich auch schlecht fühlte und zweifelte, schlug ich ihr vor mit ihr zur Bank zu gehen - dort wurde beim Versuch Kontoauszüge abzuholen ihre EC-Karte eingezogen. Anschließend sahen wir dann zum ersten Mal das Ausmaß des Ganzen. Mein Vater hatte die Karte meiner Mutter im April als gestohlen gemeldet (was sie ja nicht war, die lag im Automaten
) und für sich eine neue bestellt - die hatten wir auch mit & dadurch sahen wir dann den riesigen Schuldenberg. Es wurden auch zahlreiche Kredite bei anderen Banken aufgenommen, hunderte Glücksspielausgaben tummelten sich dazwischen.
Meine Mutter entfernte meinen Vater als Mit-Kontoinhaber und bekommt nun neue Zugangsdaten, allerdings hat er ja jetzt noch Kreditkarten bei diversen Banken, da sind wir gerade dabei alle anzuschreiben - schwierig ohne viele Daten zu kennen.
Nun nochmal zu meinem Vater, neben der Spielsucht ist er seit Jahren auch depressiv, liegt oft nur noch bis Abends im Bett, geht kaum raus, war oft auch gesundheitlich angeschlagen, hat sich uns generell schon lange entzogen - wir haben schon bevor jetzt dieses finanzielle Fiasko rauskam, schon versucht ihn zu einer Therapie gegen Depressionen zu bewegen, er blockte alles ab.
Für meine Mutter, die nun eben mit meinem Vater in einer Wohnung lebt, war auch dieser depressive Zustand natürlich schon sehr schwer. Ich bekam es dadurch, dass ich alleine woanders wohne nur selten bei meinen Besuchen mit.
Als wir meinen Vater also nun mit den Erkenntnissen von der Bank konfrontierten reagierte er zunächst völlig emotionslos und sagte dann er würde ja auch überlegen sich das Leben zu nehmen - also ließen wir ihn abholen und in eine psychiatrische Klinik stecken.
Auch in den letzten Tagen kam von ihm wenig Entschuldigungen, er schickte uns Bilder vom Essen und beschwerte sich noch als ich ihm eine Tasche mit Kram vorbeibrachte, dass dort so wenig drin war (es war das was er wollte)
Ich schreibe auch nur sporadisch mit ihm, die Enttäuschung sitzt gerade sehr tief. Er wird immer mein Vater bleiben und eigentlich habe ich ihn immer sehr geschätzt und hatte auch in meiner Kindheit ein sehr tolles Verhältnis zu ihm (was viele Freundinnen von mir nicht von ihren Vätern behaupten können) - aber auch ich wurde von ihm belogen und betrogen, natürlich hat er mich auch mal um Geld betrogen, so wie alle in unserer Familie - er fälschte auch die Unterschrift meiner Oma um an Geld zu kommen (es ist wirklich extrem kriminell alles).
Meine Mutter redet nicht mehr mit ihm, wird ihn anzeigen und die Scheidung einreichen. Gerne würde sie auch direkt die Schlösser austauschen, allerdings ist das wohl schwierig.
Die letzten Tage haben wir damit verbracht überall aus dem Messi-Zimmer meines Vaters Zettel herauszukramen und diese abzuheften- jetzt herrscht schonmal ein grober Überblick über Kredite, Kontoauszüge, Verträge usw. Alles zu kündigen und natürlich der Gang zum Anwalt und die “Abbezahlung” der Schulden (die wird meine Mutter wohl zu Lebzeiten nicht mehr los).
Des Weiteren ist ein sorgloses Leben wie wir es kannten natürlich auch nicht mehr möglich. Ich verdiene in meinem Studierendenjob nicht schlecht & kann die Miete und andere Lebensunterhaltungskosten davon tragen, allerdings ist es natürlich auch kein fester Job und falls der mal weg ist oder auch falls irgendetwas größeres gezahlt werden muss, wird es schwierig. Für meine Mutter sieht alles natürlich noch schlechter aus - wie oben erwähnt, muss es vermutlich zur Privatinsolvenz kommen & das obwohl sie Vollzeit arbeitet und gut verdient
Wohnungsmässig muss sie sich dann vermutlich auch verkleinern und in den Urlaub werden wir wohl auch nicht mehr so einfach können.
Wie es mit meinem Vater weitergeht, wo er landet nachdem er entlassen wird ist auch schwierig. Meine Mutter will ihn ja verständlicherweise nicht aufnehmen und in meiner kleinen Einzimmerwohnung ist es nicht möglich und gerade will ich das auch nicht. Ob seine Mutter ihn nehmen würde, ist auch fraglich. Woher er Geld bekommt ist ebenfalls fraglich. Ob ihm das alles bewusst ist, dass es so sein wird? Ich glaube nicht.
Das war jetzt alles sehr lang. Ich musste mir es mal von der Seele schreiben, mir geht es selber auch sehr schlecht. Ich schlafe und esse kaum, zittere und fühl mich kotzübel. Diese ganzen Veränderungen und der “Verlust” eines geliebten Menschens wiegen sehr schwer.
Falls ihr nachdem ihr diesen Roman gelesen habt, Tipps für uns habt - für egal was - lasst es uns wissen!