Hallo JJ,
Eigenes Geld und Seelenglück in Sicherheit bringen, oder?
Absolut, ja.
Aber etwas zu Coabhängigkeit und Selbstschutz zu sagen, steht mir nicht zu - und dazu haben Stefan und aT ja auch schon was geschrieben.
Was die Frage danach betrifft, ob ich etwas 'vermisse'.... da frage ich mich gerade, warum du ausgerechnet das wissen möchtest. Nicht, weil ich es unangenehm, falsch oder schlimm finde, sondern weil ich mir denke, daß es sicher hundert andere Fragen gäbe, die dir im Kopf rumgehen, und die zu stellen von deinem Standpunkt aus 'zielführender' und logischer wären.
Aber auch du fragst (wie es Angehörige oft tun) danach, wie es wohl für
ihn sein muß, und ob das, was er dann 'durchmacht', schlimm ist. Das zeigt ja schonmal, wo die Prioritäten liegen. Und daß das eigentlich nicht so sein sollte. Es sollte ja primär um dich gehen.
Im Großen und Ganzen hat Stefan das Hier und Jetzt sehr schön beschrieben. Dieses Gefühl der Freiheit und Selbstbestimmtheit ist unbezahlbar. Aber es war harte Arbeit, und ich möchte das nie wieder eintauschen - gegen nichts auf der Welt. Dennoch, ganz ehrlich: Ja... manchmal vermisse ich da schon was. Stimmt, das ist in der Tat ein ziemlicher Widerspruch. Natürlich nicht die Verzweiflung, die Geldsorgen, den Selbsthaß, die schlaflosen Nächte. Aber die werden in so einem Moment praktischerweise sowieso aus meinen Erinnerungen gestrichen.
Das ist nicht einfach zu erklären.
Mhhh, schwierig... aus dem Bekanntenkreis weiß ich, daß viele bei dem Wort 'Entzug' an die körperlichen Symptome denken. Diese gehen ja nach einer Weile vorbei. Auch bei Alkoholikern oder Drogenabhängigen ist diese Phase irgendwann überstanden - und dann ist derjenige 'geheilt'. Sollte man meinen. Dachte ich auch immer, obwohl ich selbst doch am besten wissen sollte, daß es eben nicht so ist. Das zu verstehen war aber ein langer Prozeß - obwohl ich selbst süchtig bin (Mir dies einzugestehen war ein Teil davon).
Denn dann kommt das, was mir am meisten Angst machte, ohne daß ich mir dessen überhaupt bewußt war - das Leben mit allem, was dazugehört. Und kein Aus-Knopf mehr, keine Flucht.
Das war nicht leicht. Manchmal ist es das auch jetzt noch nicht. Da bewundere ich die, die das komplett hinter sich lassen konnten.
Wirklich akutes 'Verlangen', gepaart mit dem kopflosen Planen im Autopliloten, hatte ich schon sehr lange nicht mehr - Gott sei Dank! Es ist auch nicht so, daß ich oft daran denke - eigentlich tue ich das gar nicht mehr. Ich weiß, daß das nicht passieren darf, und so jetzt im 'Normalbetrieb' ist das auch keine Option, mir sind mir die Konsequenzen bewußt, und daß es für mich keine halben Sachen gibt. Nein zu sagen fällt mir nicht schwer - ohne darüber nachdenken zu müssen. Ich weiß auch, daß ich es kein weiteres Mal schaffen würde, da wieder rauszukommen. Es darf also nicht passieren. Und ich möchte das auch nicht. Der Gedanke und die Erinnerung an 'damals' stößt mich ab. Da möchte ich nie wieder hin. Rein rational betrachtet bin ich also 'durch' damit. Doch an dem Punkt war ich auch auch früher schon etliche Male. Das reicht also auf Dauer nicht aus.
Da ist eben leider noch etwas Anderes. Das für mich auf lange Sicht Gefährliche ist gar nicht mal der 'Suchtdruck' (blödes Wort), sondern die Nostalgie und das (selektive) Vergessen... wenn es mir schlechtgeht, oder wenn ich glaube, es sei alles roger. Ich neige nunmal zu Beidem: Verdrängung und Selbstüberschätzung gleichermaßen.
Das passiert leider doch immer mal wieder, und kommt dann ganz 'überraschend', obwohl es eigentlich absehbar war. Es ist dann schleichend, und da muß ich wirklich auf mich achtgeben. Der Spieler in mir tritt schon lange nicht mehr die Haustür ein - er kommt heute als netter Nachbar an den Gartenzaun, und zeigt sich versöhnlich, in Plauderlaune und lösungsorientiert.
Ich lasse mich auf kein Gespräch mit ihm ein, auch nicht im 'Guten'. Das ist oberstes Gebot. Heute genau wie damals.
Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich heute nicht spielen werde, und selbst die letzten Monate war das nie wirklich eine Option. Das Gefühl von Überforderung mag ich aber trotzdem nicht. Damit umzugehen fällt mir immernoch schwer.
Sowas kann mir auch heute noch gefährlich werden, und das weiß ich.
'Verlangen' spielt also so gut wie gar keine Rolle mehr. Alte Verhaltensmuster und Denkweisen sind für mich aber nach wie vor dann doch noch schwer zu 'brechen'.
Damit mußte ich umgehen lernen. Und sie sind auch die gefährlichsten Stolpersteine.
Ich bin im Alltag nicht 'unbefriedigt', aber ich kenne eben leider etwas, was im Zweifelsfall immer 'hilft'. Diese Tür kann ich ignorieren, belächeln, und mit gut mit ihr leben; ich kann sie aber niemals mehr schließen.
Das macht aber nichts, denn ich bin zufrieden - und dankbar dafür, daß ich alles kann, aber nichts muß. Und mir fehlt es nicht.
Ich darf es aber eben auch nicht 'auf die leichte Schulter nehmen'.
So ist es zumindest bei mir.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu wirr.