Moin Chris,
ja es tut gut ehrlich zu sein, wie Du richtig erkannt hast. Meiner Meinung ist es die Schwierigkeit richtig ehrlich zu sein. Ich hatte es damals meiner Freundin erzählt. Ein paar Zahlen weggelassen ( also wieviel Schulden ich tatsächlich hatte ) Auch habe ich die Rückfälle nicht erwähnt. Habe zwar die Höhe der Verluste minimiert. Konnte so Urlaube machen usw. Letzen Endes haben mich diese Halbwahrheiten richtig in den Teufelskreis befördert. Also a. ich mußte immer mehr Geld zur Verfügung haben als ich hatte ( Kreditrate /Kreditratendauer verheimlicht ), b. immer nur soviel verspielen das ich gewisse private Sachen zusätzlich bezahlen kann. (Versucht kontrolliert zu spielen, war ne super Idee von mir
) Also spontan essen gehen, Kneipe, halt Unternehmungen. Das war immer ein Drahtseilakt. Also war ich zwei Jahre mit meiner Sucht zwar beschäftigt, aber eben auch mit dem Verstecken des nicht Erzählten. Ich konnte es nicht zugeben, wenn ich wieder rückfällig geworden oder besser wieder spielen war, vor Scham vor Konsequenzen, was weiß ich alles , was da in meinem Kopf vorging. Heute würde ich sagen, ich habe mir im Unterbewußtsein Möglichkeiten geschaffen, um weiter spielen gehen zu können, quasi zu müssen, damit mein Lügengerüst nicht zusammenbricht. Utopie, weil gewinnen konnte ich nix, wie wir alle wissen. Letzen Endes machte es die Sache nur schlimmer. Meine Freundin bekam es dann auch irgendwann wieder raus, und dann war der unverzeihliche Vertrauensbruch perfekt. Ich verlor nach 6 Jahren Partnerschaft die Frau, da ich mich eher mit "wie ein Aal winden" beschäftigt war, als mich mit meiner Krankheit intensiv auseinanderzusetzten. Schwer fiel mir es auch im Freundeskreis zuzugeben, weil ich ja innerlich wußte, ich bin immer noch nass. Ja, der erste Schritt ist das "outen" oder überhaupt davon berichten, aber mehr auch nicht. (Man muß sich jetzt nicht nen Zettel auf die Stirn kleben, das ist mit dem berichten oder outen nicht gemeint) Ich habe alle Dinge unternommen: Hypnose, SHG , stationär , Einzelgespräche. Irgendwann, nach ausgiebiger "Ursachenforschung" ich mußte s für mich selbst verstehen, warum, wieso weshalb (OK das ist der Text von MMW) ich in die Sucht geraten bin, kam dann der letzte "Geistesblitz" : ach ja, ich bin spielsüchtig, ich kann nicht 1 Euro oder wieviel immer in irgendein Glückspiel stecken. Also, alles Aufarbeiten und die Einsicht , die Akzeptanz meiner Spielsucht brachten mich endlich in mein Leben.
Heute kann ich das jedem Erzählen, Freund, Feind, Frau, Arbeitskollegen, es macht mir nix. Ich bin gefestigt und stehe dazu.
Chris, fange an ganz ehrlich zu Dir selbst zu sein, schaue hin wo Du Dich selber eventuell belügst und damit gleichzeitig Dein Umfeld. Nehme alle Möglichkeiten an, SHG, ATS, jegliche Art von Suchthilfe, frage Dich doch nicht vorher ob es Dir was bringt oder nicht, Du weißt es doch nicht , woher auch ? Du glaubst "professionelle Psychiater helfen eher ? ich sage Dir, ja alles hilft Dir, aber keiner von denen kann den Schalter in Deinem Kopf umstellen, nur Du selbst. Ein Psychiater z.B. hört sich alles an, bei manchen gibt es Antidepressiva , toll. Aber alle diese geben Dir Denkanstösse mit. Deinen "Freunden" würde ich die Wahrheit sagen. Ich denke Du wirst überrascht sein , wie sie reagieren. Auch weißt Du ja gar nicht ob sie nicht auch ein Problem haben, genauso wie Du, denn von Deinem Ausmaß wissen sie ja anscheinend auch nix. Nehme Dir alle Möglichkeiten zu spielen, wäge nicht ab, was Du diesbezüglich kontrollieren kannst, was nicht. Lass es. Zu schauen auf sich selbst, ist überhaupt erst möglich, wenn Du eben nicht mit Geld, Gewinnen, wann und wo und Verheimlichen, Vorspielen, Verstecken Deiner selbst, Deinen Gefühlen beschäftigst bist.
Ich hoffe es hilft Dir etwas?
Dran bleiben!
André
Wer etwas will, der findet Wege. Wer etwas nicht will, der findet Gründe….