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Spielsucht verschweigen

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Fred:
Moin .. ich hatte das die Tage im Chat aufgeschnappt.
Das Thema war, ob man den EheMannFrau / LebenspartnerIn in die Spielsucht einweiht.

Ich las Argumente wie "Ich will ihn schützen", "Ich will mich schützen" etc.
Oder "was bringt es" ... Teils wurde sogar beschrieben, dass der Partner das sowieso nicht verstehen würde oder sich darüber lustig machen würde
Ich will das nicht alles hier auflisten, weil die Details gar keine Rolle spielen.

Ich möchte nur gern meine Meinung dazu kundtun.
Jeder darf seine Meinung dazu haben und ich brauche keine Belehrungen, dass meine Meinung "falsch" ist.
Wer sich hier in der Thread einklinkt, darf gern über sich und seine Meinung schreiben ( Ohne Verweise auf andere 'falsche' Meinungen )
Dann wäre das geklärt, nun zum eigentlichen Thema.

Ich kann nicht wirklich trocken werden mit einer großen Lebenslüge
Lüge ? JA - absolut.
Das Verschweigen von wichtigen Fakten ist lügen.

Warum belügt man seinen Partner praktisch jeden Tag
Warum belügt man sich selbst mit der Lüge, den Partner schützen zu wollen.
Warum will ich als "Spieler" nun plötzlich für meinen Partner entscheiden was für ihn gut ist oder nicht ?
Ich - der Spieler - der nicht mal einen klaren Verstand hat.
Warum überlasse ich es nicht meinem Partner zu entscheiden, wie er damit umgeht ?

In knapp 5 Jahren meiner Abstinenz war es ungefähr 100% der Partner überaus wichtig, von der Spielsucht des jeweiligen Partners erfahren zu haben.
99,9% sahen dies sogar als "Vertrauensbeweis" und überhaupt als Grundlage einer weiteren "Zusammenarbeit"

Für mich ist das ein Hohn gegenüber den angeblich "geliebten" Menschen.
Sie werden hintergangen und weiterhin verarscht, weil der Spieler nicht die "Eier" hat zu seiner Sucht zu stehen.

Und genau hier ist der Knackpunkt:
Die Sucht wird weiterhin verschwiegen. Man hat ein Geheimnis, ein dunkles.
Man neigt dazu es irgendwann auch wieder "selbst" zu verdrängen.

Es genügt nicht, einfach nur "nicht" zu spielen.

Bei unendlich vielen Fragen meines Partners muss ich mir schnell eine Lüge ausdenken.
Wie geht es dir, was machst du, was denkst etc.

Du kannst nicht sagen, ich schreibe grad in meinem Spielsuchtforum, ich gehe zur Therapie, ich gehe in meine Gruppe.
Du kannst nicht die Erlebnisse damit teilen. Weder die guten noch die schlechten.
Du kannst deine Fortschritte nicht (mit)teilen !

Du verbringst weiterhin dein Leben in einem dunklen Lügenloch - fühlst du dich darin wohl ?
Wie lange willst du das aushalten ?

Es ist keine Frage ob, sondern nur wann du wieder spielen wirst.

Und nun die provokante Masterfrage:
Warum lebe ich mit einem Menschen zusammen dem ich mich nicht anvertrauen kann ?

Jacky1:
Hallo Fred,

was denkst Du was alles so in Beziehungen verschwiegen wird.
Da gibt es unzählige Dinge und jeder hier kann sicherlich auch einige bei sich finden.
Jeder muss sich dabei hinterfragen inwieweit er darüber seinem Partner berichten könnte.

Allerdings bei einer Suchterkrankung, wobei der Partner ja auch darunter leiden muss und dies obwohl er ja nicht einmal davon weiß.....
Hier kann ich Dir nur zustimmen, denn man bringt seine Lieben nicht in Gefahr ohne sie davor zu warnen.
Dass auch sie eine reelle Chance haben, selbst zu entscheiden und auch unterstützen zu können.

Liebe ist eine Emotion, sie mag skurrile Wege gehen.
Es bedarf schon eine gewisse Verantwortung richtig damit umzugehen.
Richtig und nicht egoistisch!
Egoistisch selbst zu entscheiden, was dem Partner gut täte.

Allerdings wie schon geschrieben, es bleibt jedem selbst überlassen.
Wie offen und ehrlich er mit seinem Partner umgehen kann.
Wir wissen nicht wie andere Beziehungen funktionieren, sonst schreiben wir doch auch immer, jeder muss es alleine selbst für sich entscheiden.
Und eben dies sollte man seinem Partner auch zugestehen, indem man ihn mit ins sinkende Boot nimmt.
Dann nämlich kann jeder sich wirklich auch selbst retten.   
...und der Rest....bleibt halt Schweigen auf dem Grund des Meeres. 

Liebe Grüße

 
                   

TAL:
Puuh...

Soll ich versuchen, mich zu rechtfertigen, wo es keine Rechtfertigung gibt?
Ich habe das auch schon oft gelesen... "Ich möchte meinen Partner / meine Familie schützen, damit sie sich keine Sorgen machen und mit meinen Problemen belastet werden."
Nein, meine Motive sind da weitaus 'egoistischerer' Natur. Denn anscheinend geht es mir ja nicht darum, den Partner zu schützen, sondern mich, denn zum Schutz des Partners wäre wohl eher das Gegenteil angesagt. Das ist mir durchaus bewußt.

Ich hatte das vorgestern schon gelesen, kann aber nur längere Beiträge schreiben, wenn ich allein bin, und nutze dafür generell immer nur mein Handy, nie einen Laptop oder PC.
Die Paranoia ist da fest verankert.
Also... richtig. Ich 'kann' nicht in eine SHG gehen, oder auch zu einem Grillfest... nicht, weil ich nicht 'darf', sondern weil ich die eigentlich ganz normale Frage nach dem "Wohin?" fürchte.
Ich müßte mich also nicht nur dort 'outen', sondern vorher erstmal zu Hause.
Selbst die Antwort auf "Was liest du gerade?" kann eine Lüge sein, auch wenn es nicht wirkliche Neugier ist, sondern einfach nur beiläufig... ich fühle mich 'ertappt', und antworte ohne nachzudenken. Ein Artikel über die Maskenpflicht in den USA... eine WhatsApp eines Kollegen... das kommt automatisch.
Ganz klar, ich tue mir selbst keinen Gefallen damit, den rosa Elefanten im Raum weiterhin zu verstecken... dafür gäbe es auch eigentlich gar keinen Grund (mehr), denn ich spiele nicht mehr, und der materielle Schaden ist beglichen. Alles wieder gut.
Bis auf das Schamgefühl... natürlich.
Doch inzwischen weiß selbst ich, daß es weit darüber hinausgeht. Was auch immer mich zum Spielen gebracht hat, ist ja nach wie vor da. Wie erkläre ich das? Und da wird es dann zu kompliziert für jemanden wie mich.

Ja, letztlich ist es meine Entscheidung, und dennoch habt ihr recht.


--- Zitat ---Warum überlasse ich es nicht meinem Partner zu entscheiden, wie er damit umgeht ?
--- Ende Zitat ---

Ich denke, jeder würde das bei einem engen Familienmitglied wissen wollen. Daß es in manchen Fällen aufgrund der zu erwartenden Reaktion trotzdem nicht unbedingt hilfreich wäre... das hingegen sehe ich ebenfalls so.
Ist das nun 'egoistisch'? Oder eine Ausrede? Mhhh...

Für meine bessere Hälfte würde die Information, daß ich Spieler bin, nicht viel ändern, die Bedeutung könnte ich da definitiv nicht angemessen rüberbringen. Solange es also nicht 'akut' ist, bin ich mir sicher, daß es als 'lange her' abgetan werden würde, und das war's dann. "Komm schon. Du übertreibst."
Da ist nämlich jemand fast noch besser im Verdrängen als ich selbst.

Bei einem Rückfall sähe das wohl anders aus, aber auch da würde es mehr als eines einmaligen Ausrutschers bedürfen, bis das Ganze wirklich ernstgenommen würde. "Du bist doch erwachsen, kannst doch machen, was du willst."
Um die Ernsthaftigkeit zu vermitteln, müßte mir das also wieder komplett entgleiten, und ich habe nicht vor, meinen Punkt auf diese Weise rüberzubringen.


--- Zitat ---Das Verschweigen von wichtigen Fakten ist lügen.
--- Ende Zitat ---

Ich habe noch nie im Leben zu diesem Thema direkt gelogen. Ja, klar, das ist natürlich auch nicht so ganz richtig... denn das heißt natürlich nicht, daß es bei mir kein Lügengerüst gab. Ganz im Gegenteil - die Fundamente stehen noch, ich verschweige sie bis heute.
Ja, es wäre einfach, viel zu einfach, dort weiterzumachen.

Ich sehe es trotzdem etwas anders. Ich möchte weder bevormundet, noch abgestempelt werden. Mir ist es viel wert, eben nicht anders behandelt zu werden. Das hat natürlich auch etwas mit Scham zu tun, das gebe ich zu - aber eben nicht nur.

Ich sage mir gerne, ich habe mir heute meinen Frieden verdient. Es war kein leichter Weg, und schlafende Dämonen sollte man nicht wecken.

Andererseits denke ich aber auch manchmal, daß das Vertrauen anderer in mich nicht gerechtfertigt ist. Sowas sollte man in einer Partnerschaft wissen. Vertraue ich mir selbst zu 100%? Nein. Warum sollen andere dies dann müssen?
Manchmal habe ich tatsächlich Angst vor mir selbst... aber da kann mir auch keiner bei helfen.
Doch zumindest könnten sie frei wählen, sich gegen das ständige Risiko, das ich nunmal darstelle, zu entscheiden. Oder zumindest zu wissen, worauf sie achten sollten, sofern sie denn wollen.
Nur würde ein Geständnis, zumindest bei mir zu Hause, absolut gar nichts ändern. Ich müßte erst 'beweisen', daß man dies nicht tun sollte, und das möchte wohl keiner.
Doch in dem dann unweigerlich folgenden 'erweiterten Kreis' würde es wirklich unangenehm werden.
Ich könnte wohl damit leben, wenn es denn irgendetwas 'bringen' würde...
So liefe es aber nur darauf hinaus, daß ich erklären muß, was ich nicht erklären kann... vor Menschen (nicht meiner besseren Hälfte), bei denen ich mir diese Blöße nicht geben möchte.
Denn die einzige Person auf der Welt, die dies tatsächlich etwas 'angeht', würde vielleicht eine kurze Zeit lang versuchen, mich zu verstehen, es dann aber abhaken, vergessen, und weitermachen wie bisher.
Alle anderen hingegen nicht.
Und ich habe Angst davor, die Dynamik zu verschieben, mit der ich in persönlichen Beziehungen mühsam umzugehen gelernt habe. Das war kein leichter Weg.


--- Zitat ---Es ist keine Frage ob, sondern nur wann du wieder spielen wirst.

Und nun die provokante Masterfrage:
Warum lebe ich mit einem Menschen zusammen dem ich mich nicht anvertrauen kann ?
--- Ende Zitat ---

Das liegt nicht an dem Menschen, mit dem ich zusammenlebe, sondern an mir. Mit jemand anders wäre es wohl genauso. Ich habe einen Weg gefunden, und müßte dann von vorne anfangen.

Aber ja... manchmal ist diese Sackgasse genau das Problem, die unüberwindbare Mauer. Ich weiß, daß ich manchmal Dinge tue oder sage, die nicht 'logisch' sind, daß ich gleichgültig, stoisch und empathielos rüberkomme, andererseits aber auch von Dingen aus der Spur geworfen werde, die lächerlich scheinen - ich kann das nicht immer verbergen, zumindest nicht zu Hause. Die Menschen um mich herum kennen es aber nicht anders.
Ich höre zu Hause oft witzig gemeinte Kommentare wie "Du bist schwierig" oder "Du mußt schon was sagen, man kann nicht in deinen Kopf gucken". Nein, das möchtest du nicht, auch wenn es vieles einfacher machen würde.
Das frustriert mich doch schon ab und an.
Offen über Dinge sprechen kann ich aber nicht. Es geht einfach nicht.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob eine Erklärung es nicht nur noch schwerer machen würde.

Sollte ich aber jemals wieder etwas Dummes tun, wäre der Fall dadurch sehr lange ungebremst - nicht nur für mich.
Das weiß ich sehr wohl, und auch davor habe ich manchmal Angst.

Letztlich bin ich wohl doch nur ein Feigling.

Taro:
Moin Tal,

Puuh...
Nun die Prognose das Du wieder spielen wirst, da müsste ich schon etwas schmunzeln. Damit ich überhaupt überleben könnte müsste ich in vielen Bereichen meines Lebens lange Zeit und sehr tief graben und hinschauen. Unausgeleuchtete Themen in meinem Leben gibt es nicht, wohl aber welche wo ich auch heute nicht ganz grade bin. Wer wirklich wissen will warum sollte sich mal so eine Woche Zeit mitbringen. Vielleicht bekommt er dann eine Ahnung.
Nun, weil das so ist kommt es selten vor, daß ich etwas neues höre, etwas wo ich noch nicht hingedacht und hingeleuchtet habe. Den Raum ansich schon, aber noch nicht die hintersten Ecke. Ab und an spricht im Meeting jemand von solchen hintersten Ecken in einem Thema, was mich aufhorchen läßt. Ganz selten in Foren, mit einer Ausnahme, die heißt TAL. Mit einer Leichtigkeit schreibst du oft über Dinge die ich mich noch nicht mal "laut" zu denken traute und das nicht nur einmal. Nun bekommst Du solch einen Tipp, hast Du sicher noch nie gehört, und noch nie drüber nachgedacht. Gleich verziert mit dem Hinweis das Du eh wieder Spielen wirst.
Nun deshalb muste ich schmunzeln, wer sich so mit sich beschäftigt wie Du ist nicht sehr nahe beim spielen. Partnerschaften gibt es in vielen Facetten, warum Du mit Deinem Partner zusammen bist, was Du Ihn sagst und was nicht, Du wirst es wissen, da bin ich sicher.
Was mit Sicherheit wieder zum spielen führt ist der Versuch alles richtig machen zu wollen. Wobei hier das "richtig" von außen vorgegeben wird. Wichtig ist aber einzig und allein das richtig in mir. Da habe ich ein feines Gespür für.
Der Preis den Du zahlst, nicht zum Grillen zu können, nichr ins Meeting zu können scheint mir sehr hoch, weil er ja mein wichtigstes Gut, die Freiheit, einschränkt. Wobei, vielleicht passt es Dir ja auch ganz gut das Du nicht kommen kannst.

Für mich ist z.B. klar das ich einen Rückfall meiner Frau nicht erzählen würde. Sie weiss darum und warum. Es ist nicht wichtig das andere es verstehen. Wichtig ist, daß ich das richtige mache.

Nun bewegen wir uns aber mit meiner und mit Deiner Geschichte in der Ausnahme von der Regel. Grundsätzlich ist es gut seinen Partner mit ins Boot zu holen. Die meisten Gründe sind vorgeschoben. Sollte man deshalb nicht darüber schreiben. Ich denke schon, Wei wie gesagt, wer alles "richtig" machen will ist langfristig der Kandidat für den Rückfall.
Es gehört dazu sich ecken und Kanten zuzulegen die dem inneren "richtig" entsprechen. Die im Aussen kaum einer verstehen kann, oberflächlich schon garnicht.

Taro

Fred:
Ich bekam es nicht aus dem Kopf.
Immer wieder zu unmöglichen Situationen kleine Filmchen.
Kleine Filmchen wie ich jemandem Geld gestohlen habe.
Eltern, Freunde, Verwandte, Patienten im Wartezimmer eines Arztes die ihre Jacken an der Gaderobe ablegten ...

Menschen die ich mal bestohlen habe, habe ich aufgesucht (soweit dies ging ) und es ihnen gesagt.

Keiner hat es verstanden, keiner fand es gut und jedem bereitete es Sorgen.
Doch jeder war irgendwie froh zu wissen, warum ich plötzlich weg war, oder warum ich mich so verhielt wie ich mich verhielt.

Fast alle waren aber auch froh, mich damit zum letzten mal gesehen zu haben.
Einige wollten nicht einmal ihr Geld zurück, einige nicht einmal zuhören ...

Was schlimmeres als ihnen dies zu erzählen hatte ich in meinem Leben noch nicht erlebt.
Doch bekommen habe ich unendlich viel.
Meinen Frieden ... meine innere Ruhe.

Die Filmchen sind weg, ich musste sogar beim Schreiben dieses Beitrags gezielt drüber nachdenken was ich so angestellt hatte.
Früher schwebten die Erinnerung eigentlich permanent wie ein Bienenschwarm um meine fette Birne.

Es ist ein unglaubliches Gefühl sich von so einer Last befreit zu haben und es ist jede einzelne Mühe wert.
Denn es verbleiben nur noch Menschen die "Bescheid" wissen und die mich so akzeptieren wie ich heute bin.
Und noch besser, die sich immer mehr freuen, dass ich so bin wie ich bin.

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