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Der erste Schritt in ein neues Leben!

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Alex:
Guten Abend,

ich bin Alexander, ich spiele seit 10 Jahren an Automaten.

Ich möchte nicht so viel von meiner Vergangenheit erzählen, vielleicht später einmal.
Ich versuche mich kurz zu fassen..

Ich bin 26 und spiele seit meinem 16. Lebensjahr in Spielhallen.
Hat alles wie bei vielen klein anfangen.
Mittlerweile habe ich einen Haufen Schulden, paar Kredite, Dispo etc.

Ich wohne noch bei meinen Eltern, stand noch nie auf eigenen Füßen, leider.
Ich habe immer bekommen, was ich wollte. Habe Abitur gemacht, eine Lehre und habe einen Job,
den ich über alles Liebe und der mir rießigen Spaß macht.

Doch es ist mal wieder total eskaliert. Monatsanfang, Gehalt da, 5 Stunden später, Gehalt weg.
Ich hatte Glück?!, weil mein Arbeitskollege Urlaub hatte.
Ich habe mir Geld aus der Kasse genommen, erst 500 ? und in der Hoffnung, ich gewinne das Doppelte und kann den
Monat leben. Tja, klappte natürlich nicht, also noch 500 ?.. und am 4. Tag nochmal 500 ?.
Ich habe mit Absicht Glück mit ?! geschrieben, da dies der ausschlaggebende Punkt ist.

Ich musste jetzt was tun, ich stand vor der Bank, wollte reingehen für einen neuen Kredit aufzunehmen,
doch irgendwas sagte mir im Kopf, es bringt nichts. Das bringt dich nicht weiter.
Ich habe am Mittwoch alles meiner Mutter gebeichtet. Die ganzen Lügen, die ganze verkorkste Vergangenheit von mir.

Ich habe meine Mutter noch nie so fertig gesehen, wie an dem Mittwoch.
Das Geld was ich verzockt habe, die Zeit die ich dadurch verloren habe, es ist alles zur Nebensache geworden.
Doch meine Mutter so gesehen zu haben, bzw. immer noch so zu sehen, ist der größte Schmerz, den ich im Moment empfinde.

Sie sagt sie hilft mir, aber ich muss auch selber hart daran arbeiten.
Sie hat gesagt, ich muss es meinem Vater erzählen. Davor habe ich große Angst, weil mein Vater mich glaub ich
zusammenschlägt oder direkt aus dem Haus schmeißt.

Ich möchte nicht, dass meine ganze Familie (Bruder, Schwester, Neffen) erfahren, was für ein kranker Mensch ich bin.
Muss ich das jetzt jedem bis ins Detail erzählen, so wie ich es meiner Mutter erzählt habe?
Ich kann meine Mutter verstehen, sie sagt sie braucht jetzt einen, mit dem sie darüber reden kann.
Aber ich traue mich nicht, es meinem Vater zu sagen.

Ich hab schonmal einen Versuch gestartet, aufzuhören. Damals auch mit Hilfe meiner Eltern.
Ich habe ein halbes Jahr durchgehalten, habe Geld gespart, konnte endlich wieder mit Freunden in Urlaub fliegen.
Doch dann machte meine Ex-Freundin Schluss mit mir, und es fing alles wieder von vorne an, nur in krasserem Ausmaß.

Ich habe meiner Mutter alles gebeichtet, ich werde ihr meine Kontokarte und meinen Personalausweis geben.
Sie hat gesagt, dass sie die Kontrolle über mein Geld übernimmt.

Ich will mich sperren lassen, muss ich da jeder einzelnen Spielhalle ein Extra Brief schicken? (Wohne in Rheinland Pfalz)

Ok es reicht fürs erste. Ich hoffe ihr nehmt euch die Zeit für meinen Post.

Bis dann

MiLu:
Hey Alex,

erkrankt zu sein bedeutet nicht, dass man minderwertig ist. Irgendwie ist so gesehen jeder einmal krank! Ziehe nun die Notbremse und schäme dich nicht! Es kann jeden treffen! Sollte dich dein Vater für deine Offenheit bestrafen, dann schicke ihn gerne zu mir! Spielsucht ist kein unbekanntes Kapitel mehr, auch in Fachkreisen- das ist ernst zu nehmen, so wie alle anderen Suchterkrankungen auch! Ein sehr guter Schritt, dass du hier bist! Lese dich ein, sprech mit den Leuten hier...  Du wirst merken, dass es vielen so ergeht wie dir und es lassen sich Auswege zeigen: bleib mit deiner Intention hier! Es wird sich lohnen....

Viele Grüße

MiLu

Olli:
Hi Alex!

Herzlich willkommen!

Nein! Du musst es nicht Gott und der Welt erzählen, wie man sagt.
Offenbare Dich denen, deren moralische Hilfe Du Dir erhoffst und auch denen, denen Du finanziellen Schaden zufügen könntest.

Meine Freunde wissen alle Bescheid - viele interessierte "Bekannte" wissen es auch.

Als ich aufhörte zu spielen fiel es ihnen auf und viele sprachen mich daraufhin an.

Ich habe heute keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern. Nicht etwa, weil ich gespielt habe, sondern weil ich einige Jahre nach meiner Abstinenzentscheidung für mich eingetreten bin.
Viele Dinge, die mich störten, habe ich gerade heraus benannt und ich habe mein "Nein" vertreten.

Wenn Du solche Angst vor Deinem Vater hast, liegt hier ein Übel tief in Deiner Seele begraben.

Trotzdem möchtest Du ihm die Wahrheit sagen - das finde ich super.
Habe ein wenig Vertrauen in Deinen Vater. Sollte er die Beherrschung verlieren, weise ruhig darauf hin, dass Spielsucht eine anerkannte Krankheit ist.
Da sich Milu schon um Deine Mutter kümmert, kann er sich gerne an mich wenden, damit er Informationen erhält.  ;D

Informationen sind wichtig - für Dich, Deine Mutter und ihn.
Es gibt da nicht nur solche, die Dich betreffen, sondern auch, wie sich Angehörige verhalten und mit ihren Ängsten und Gefühlen umgehen können.

Schön, dass Du hierher gefunden hast!

LG
Olaf

amTiefpunkt:
Guten Morgen Alexander,

sei Willkommen hier bei uns im Forum!

Zunächst einmal finde ich superklasse von dir, dass den Mut aufgebracht hast, hier im Forum einen so offenen Post zu schreiben. Ganz nach dem Titel kann dies tatsächlich der erste Schritt in eine bessere Zukunft sein. Du hast erkannt, dass Spielen für dich ein Problem ist, du hast dich deiner Mutter offenbart und suchst nun Hilfe bei erfahrenen Menschen hier in unserem Forum. Das ist doch mal ein Anfang! Das kann die Basis sein für eine spielfreie Zukunft! Klar gibt es jetzt noch viele Probleme zu lösen, aber hierfür sollst du dir Zeit nehmen, sukzessiv und in deinem Tempo, nichts überstürzen!
Durch das Forum wirst du eines über die Sucht lernen und einige Antworten auf deine Fragen finden, doch es wird zumindest in der Anfangsphase keine Alternative zu einer Selbsthilfegruppe sein. Suche dir auf jeden Fall Hilfe vor Ort, die dich im ersten Jahr begleitet und stützt Gerne kannst du auch deine Mutter/Vater mal mitnehmen zu einer Suchtberatung, sodass sie ein Gefühl für deine Krankheit bekommen. Woher sollen sie wissen, worum es sich dabei handelt!? Auch sie müssen erst dazulernen...
Ich wünsche dir eine gute spielfreie Zeit,
aT

Alex:
Vielen Dank für die nette Aufnahme eurerseits.
Man fühlt sich hier direkt Willkommen, das macht Mut.

Ich versuche jetzt mal auf jeden einzelnen Beitrag einzugehen, fangen wir mal vorne an.
Erstmal vielen Dank für die aufbauenden Worte von jedem. Schön, dass es Leute gibt,
die sich wirklich Zeit für einen nehmen. Wenn ich soweit bin, werde ich mir das auch ans Herz legen,
auch anderen damit zu helfen.


--- Zitat ---Fangen wir mit Deiner Mutter an,zeige es ihr,wie wichtig es für Dich ist damit aufzuhören.
Termin bei einer Suchtberatung/Schuldenberatung machen,erkundige Dich ob eine Selbsthilfegruppe in Deiner Nähe ist.
Wenn Du hierbei Hilfe oder Kontakte brauchst,einfach hier bescheid sagen.
--- Ende Zitat ---

Ich habe mich heute bei der Caritas gemeldet und habe einen Termin für nächste Woche Freitag 14:00 Uhr vereinbart.
Die Dame war sehr nett, und hat mir angeboten, mir bei den Sperren zu helfen.
Ich selbst wollte es eigentlich schon gestern in Angriff nehmen, war aber leicht überfordert von den ganzen Formularen.
Habe es meiner Mutter gesagt und sie nochmals drum gebeten, es erstmal für sich zu bewahren und mir ein wenig
Zeit zu geben, bis ich es meinem Vater erzähle. Sie sagte nur zu mir: "ich schäme mich so sehr für das was du getan hast,
dass ich niemals jemandem davon erzählen könnte"
Die Worte haben mich heftig getroffen.. Es tut einfach nur weh meine Mutter sowas sagen zu hören.


--- Zitat ---Doch um um dort zu spielen bräuchtest du Geld,wie wäre es Deine Finanzen abzugeben (Geldmanagement) ?
--- Ende Zitat ---

Meine Kontokarte und meinen Personalausweis habe ich meiner Mutter gegeben. Ich habe kein Geld an mir und habe
mit meiner Mutter abgemacht, dass sie mir welches gibt, wenn ich es für etwas brauche. Ich habe ein Buch, wo ich
jeden Cent aufschreibe, den ich ausgebe. Und dies belege ich mit den Kassenbons.


--- Zitat ---erkrankt zu sein bedeutet nicht, dass man minderwertig ist. Irgendwie ist so gesehen jeder einmal krank!
--- Ende Zitat ---

Das Problem ist, dass die Menschen, die damit noch nie konfrontiert worden, es nicht so sehen. Ich verstehe, dass ich krank
bin. Das sehe ich an meiner Vergangenheit, dass sehe ich wenn ich auf mein Konto schaue. Aber einer, der noch nie damit
was zu tun hatte, und jetzt gesagt bekommt, ich hab mehrere Kredite, habe dich seit Jahren angelogen, habe geklaut und
alles verschwiegen, der wird damit nicht klar kommen (ich sehe es an meiner Mutter)


--- Zitat ---Nein! Du musst es nicht Gott und der Welt erzählen, wie man sagt.
Offenbare Dich denen, deren moralische Hilfe Du Dir erhoffst und auch denen, denen Du finanziellen Schaden zufügen könntest.
--- Ende Zitat ---

Aber wenn ich es vor meinen Geschwistern geheim halte, dann ist es doch im Endeffekt weiter Lügerei, man belügt sich damit ja
irgendwo selber, wenn man es verheimlicht.


--- Zitat ---Wenn Du solche Angst vor Deinem Vater hast, liegt hier ein Übel tief in Deiner Seele begraben.
--- Ende Zitat ---

Damit könntest du recht haben. Mein Vater ist ein komplizierter Mensch. Er ist stur, er hatte früher ein Alkoholproblem.
Immer wenn er viel getrunken hat, wurde er zu einem anderen Menschen. Hat sich oft mit meiner Mutter gestritten,
hat ein einziges Mal körperliche Gewalt angewendet (nicht heftig, hat nur meine Mutter auf das Bett geschuppst, weil
sie nicht schlafen gehen wollte. Die Schwester von meiner Mutter wurde von ihrem Mann umgebracht, weil der Mann
alkoholkrank war und sie nicht mehr mit ihm zusammen sein wollte. Wenn du dann als Kind miterleben musst,
wie sich die Eltern streiten, dann baut sich das von dir genannte "Übel" in der Seele an.


--- Zitat ---Klar gibt es jetzt noch viele Probleme zu lösen, aber hierfür sollst du dir Zeit nehmen, sukzessiv und in deinem Tempo, nichts überstürzen!
--- Ende Zitat ---

Genau das habe ich meiner Mutter versucht heute zu erklären. Ich habe ihr gesagt, dass der Schritt rießig war, bis ich ihr davon gebeichtet habe. Ich will nicht von jetzt auf gleich alles ändern, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich an irgendwas scheitere und wieder ins Loch reinrutsche.

Ich werde die nächsten Wochen abstand von der Aussenwelt nehmen, werde das Haus erstmal nicht verlassen.
Haltet ihr das für eine gute Idee? Macht das Sinn?

Habe meinem besten Kumpel erzählt, dass ich meiner Mutter gebeichtet habe und mir helfen lassen will und aus dem
Grund erstmal Abstand haben will. Er spielt nämlich auch ab und zu. Er sagt er hat es im Griff, aber ich habe ihm direkt gesagt,
jetzt wo ich mir helfen lasse, sollte er es besser auch machen. Es ist seine Entscheidung, aber ich will erstmal Abstand zu allem.

Ich habe noch eine Frage: Ich besitze in meiner Firma einen Schlüssel für den Tresor. Da habe ich mir ja auch Geld rausgeholt zum
Spielen. Ich denke ich werde nicht dran vorbeikommen, ihn abzugeben. In meinem Beruf (Serviceberater im Autohaus) habe ich mit Geld zu tun, und bediene auch die Kasse. Aber was soll ich da tun? Ich möchte nicht, dass mein Arbeitgeber davon erfährt. Aber als Sicherheit sollte ich doch den Schlüssel auch abgeben. Nur muss ich das doch begründen, aber nur wie? Vielleicht hat jemand Erfahrung damit oder musste sowas ähnliches ja auch irgendwie meistern.

Vielen lieben Dank!

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