Hi Cosmos!
Ich war noch nie auf einem Ärztekongress.
Lassen wir einmal außen vor, dass ich gar kein Arzt bin.
Doch wie können all die Ärzte sich auf einen Konsens einigen?
Da gibt es die Internisten, die Kardiologen, die Chirurgen ...
Ist ein gebrochenes Bein nicht viel schmerzhafter, als eine defekte Herzklappe?
Ist die Herzklappe nicht viel lebensbedroglicher, als das gebrochene Bein?
Wenn es ums Lebensbedrohliche geht, was macht dann ein Urologe dort?
Und geht es beim Hautarzt nicht eher um die äußerlichen Dinge? Ein kleines zu entfernendes Muttermal hier und ein Melanom dort?
Fakt ist - ich war noch nie auf einem Ärztekongress. Ich weiss nicht, was da abgeht.
Vorstellen kann ich mir aber sehr gut, dass es dort um die menschliche Gesundheit geht!
Wenn ich mehr wissen möchte, dann muss ich einfach mal hin gehen.
Ich werde es schwer haben den Inhalten zu folgen - vielleicht muss ich auch mehrere aufsuchen, um mir ein Bild zu verschaffen.
Ganz ehrlich? Dein Beitrag ist gespickt mit Vorurteilen.
Es gibt keine Sucht, die "schlimmer" ist als eine Andere.
Jede Sucht ist auf ihre Art schlimm.
Jede Suchtausübung ist nur ein Symptom eines tiefer liegenden mentalen Defizites - oder mehreren.
Wer sich in einer SHG jedoch nur um die Art der Suchtausübung kümmert, der hat den Sinn eben noch nicht verstanden.
Das ist aber kein Beinbruch - dieser Irrglaube ist weit verbreitet.
Er lässt sich beheben, indem man eine solche Gruppe kennenlernt.
Wenn der Erfahrungsaustausch über die Suchtausübung die Oberfläche ist, dann ist die Psychologie die Tiefe, an der gekratzt oder intensiv gearbeitet werden kann.
Und ja - jede Gruppe ist nur so gut, wie es die Mitglieder sind, die daran teilnehmen.
Und ja - auch alte Hasen können noch mit ihren Scheuklappen herumlaufen.
Dann liegt es aber an mir, es in der Gruppe einmal zu thematisieren.
Denn auch ich - egal, ob ich Alkoholiker, Spieler, Heroinsüchtiger bin - bin ein wertvoller Bestandteil dieser Gruppe.
Was die stoffgebundenen von den stoffungebundenen Süchten unterscheidet, ist "lediglich" die Überwindung des körperlichen Entzuges.
Danach geht es um die Überwindung/der Arbeit an der psychischen Abhängigkeit.
Um nun einmal einen Bogen zu spannen zwischen meiner Einleitung und dem gerade genannten Mittelteil, möchte ich Dir eine Frage stellen:
Was machen ein Robert, ein Rainer und ein Olaf - allesamt Spieler - auf den Jahrestagungen von fags?
Wir sind keine Psychologen, Therapeuten - kurz Ärzte
- wir sind keine Sozialarbeiter, Suchtberater oder Pädagogen.
Da fallen permanent Begriffe, wie Prävalent, Anamnese und was weiss ich für scheußliches Fachvokabular ...
Was treibt uns doch immer wieder dort hin?
Na? Hast Du eine Antwort?
OK. ich verrate es:
Wir nehmen das mit, was wir verstehen und gebrauchen können - Wir strengen uns an, so viel wie möglich zu verstehen - den Rest lassen wir liegen für die anderen Teilnehmer, die vielleicht mehr verstehen als wir.
Wir müssen nämlich nicht "alles" verstehen - wir erfahren aber trotzdem einen Vorteil von dem "was" wir verstehen.
Diese Haltung lernst Du in der SHG!
Da reicht nicht ein Besuch für aus. Da heißt es den Hintern zusammen zu kneifen und die eigenen Vorurteile Vorurteile sein zu lassen.
Da heisst es konsequent dran zu bleiben.
Wenn die anderen Teilnehmer genau mit dieser Grundeinstellung in die SHG kommen, dann ist es vollkommen schnuppe, ob Du Alkoholiker bist, Spieler oder sonst ein Abhängiger - Du erlebst dann erst eine Win-Win-Situation unter den Teilnehmern.