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Der neue alte

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Luksaa:
Hallo ihr lieben,

vor ein paar Wochen habe ich mich hier schonmal etwas eingelesen und danach dachte ich, komm ich bekomm das schon alleine hin.

Falsch gedacht!
Kurz zu mir, ich bin 26 Jahre alt habe jetzt das Studium abgeschlossen. Clean von Substanzen bin ich seit 8 Jahren und war auch auf einer langzeittherapie, seitdem keinen Schluck getrunken etc.
Da wo aber die einer Tür zu ging, habe ich eine neue Tür entdeckt. Ich habe anfangs immer mal wieder gespielt und habe die Einbildung in mir erzeugt, dass ich es im Griff habe. Seitdem gab es immer wieder Phasen, in denen ich über Monate gezockt oder nicht gezockt habe. Derzeit komme ich frisch aus dieser Phase, da mein Konto auf 0€ angekommen ist, traurig und gut zugleich, dass nichts da ist, da so der innerliche Druck mal kurz abnimmt,
Ich habe ein großes Problem mit dem „Gesichtsverlust“, ich denke das liegt daran, weil ich oft das Bild von mir erzeuge, dass ich gut mit meiner Sucht leben kann. Bezogen auf die Substanzen stimmt das, allerdings beim Glücksspiel flüchte ich mich. Vor allem in Phasen wo ich in den Tag hinein lebe und mir Struktur fehlt, bemerke ich dass ich meiner Sucht sehr nahe bin.
Ich habe heute ein Gespräch mit meiner Freundin geführt und mich mal etwas geöffnet und ihr gesagt, dass ich mit dem spielen derzeit ein Problem. Auch einem Freund von Therapie habe ich davon erzählt. Doch ich bemerke ich habe ihnen nicht von dem Ausmaß erzählt welches es derzeit angenommen hat und somit hat auch das befreiende Gefühl gefehlt.

Ach ist gerade irgendwie scheisse, dieses ekelhafte gefühl zu spüren.
Bitte seit hart und ehrlich zu mir!

medea888:
Guten Morgen,

Schön dass du hier bist und dich öffnen möchtest.
1. Hart bist du gerade zu dir selbst genug... Ich habe noch damals auch selbst verachtet bis ich für mich anerkannt habe dass es eine Krankheit ist und angefangen habe dies als Teil von. Or zu akzeptieren.
2. Ja, so ein Teilgeständnis ist  keine so tolle Idee, vermutlich hast du Erleichterung erhofft aber doch wieder ein neues Lügen Konstrukt gebaut. Der Spieler in dir ist raffiniert und findet immer wieder Wege dich in seiner Macht zu behalten...
3. Du bist erfahren darin deinen Süchten ins Auge zu sehen. Dann nimm jetzt dein Leben wieder in deine Hände und plane die nächsten Schritte!!!!

Ich freue mich mehr von dir zu lesen
LG Medea

Jacky1:
Hallo Luksaa und herzlich Willkommen im Forum,

bist ja auch schon einige Tage angemeldet, gut nun auch von dir zu lesen.
Es fällt immer leichter sich an jemanden zu wenden wenn das Suchtmittel gerade nicht mehr zu Verfügung steht.
Kein Geld mehr und dadurch eine Chance etwas "freier" alles zu betrachten.
Meist entsteht dass triste "in den Tag hinein leben" auch durch diesen stetigen Kreislauf deines Suchtverhaltens.
Zu spielen um abzuschalten, in eine Auszeit und sich vorübergehend nicht mehr dem zu stellen, was eh belastend wäre.
Du hast dies auch sehr gut erkannt.

Klasse das du nun auch keinen Alkohol / Drogen mehr nimmst, um dies zu erreichen hast du ja auch einiges getan.
Da war doch viel mehr als "nur" die Therapie, es hat sich doch in dir einiges verändert und du weiß wohin dich ein Rückfall
bringen könnte. Was es mit dir macht und wo event. Auslöser sich verbergen, wie du ihnen dann begegnen könntest....usw.

Mit der Spielsucht verhält es sich da nicht anders.
Der gleiche Weg um deine erneute ja durchaus spürbare Erkenntnis auch umsetzen zu können.
Es wird kaum von alleine aufhören und wie es ist aufgegeben zu haben kennst du doch auch ganz gut.
Halbherzigkeiten werden da nicht reichen um auch nur annähernd etwas zu verändern.
Sich mitzuteilen sollte auch kein Alibi sein, schon gar nicht um darin irgendeine kurzweilige Beruhigung zu finden.

Es ist eine psychische Erkrankung, es ist mir selbst auch etwas verständlich sich dafür zu schämen.
Doch ist dies absolut ein falscher Gedanke, der doch nur dazu führt so vieles weiterhin zu verheimlichen.
Ein Segen für diese Sucht und schon fast eine Garantie sie auch weiterhin auszuleben, es findet doch immer im heimlichen statt.
Weniger sichtbar für andere und viel leichter auszuspielen vor der Familie oder Freunden, kein taumeln oder Lallen wie bei Substanz gebundenen
Süchten. Für mich war es jahrelang ein Kinderspiel allen etwas vorzugaukeln, was ich so machte in meinem egoistischen Leben.
Und wenn es mal enger wurde, wäre es noch einfacher gewesen kleine Details davon zu erzählen.
Um ein unschuldiges Bild von mir zu erschaffen und Hoffnungen zu streuen ..wird schon wieder...blablabla.

Nun Luksaa, wie geht es nun weiter?
Vielleicht findet sich ja noch eine andere Sucht um die momentane wieder zu ersetzen.
Verstehst du es ? ich glaube doch schon.
Du bist das selbst, irgendwo immer noch der Gleiche der früher halt getrunken hat.    

Viele haben schon hier geschrieben, alles mögliche.
Doch du bist einer der wenigen davon, die sich selbst schon sehr gut reflektieren.
Wesentliches zumindest offenbaren und von sich selbst schreiben, nicht alles im Außen suchen.
Dies kann weiterhin doch gut funktionieren und du solltest es auch wissen, finde wieder jene Motivation.
Die dich dahin führt, nicht mehr am Tropfe deines eigenen Gefängnis zu verweilen.
Sehr gerne würde ich dir eine Selbsthilfegruppe empfehlen, um erneut wieder alles bewusster einzufangen.

Schön das du hier berichtest und nun geht es weiter..immer weiter , Kopf hoch.

Liebe Grüße   
     
 
 
   
 

Luksaa:
Hallo ihr,

Erstmal ganz großes Dankeschön, für eure ermutigenden Worte! Haben mich sehr berührt und es tut gut mal den innerlichen Schmerz zu spüren.

1. Hart bist du gerade zu dir selbst genug... Ich habe noch damals auch selbst verachtet bis ich für mich anerkannt habe dass es eine Krankheit ist und angefangen habe dies als Teil von. Or zu akzeptieren.


Ich glaube das ist genau das Problem, dem ich immer wieder ins Auge blicken sollte. Ich habe hier letztens einen spannenden Beitrag gelesen, in dem ich mich selbst auch sehr gut wiedererkannt habe. Er hat davon geschrieben, dass er in einem Elternhaus groß wurde, wo der Schein nach außen immer das wichtigste war und er immer ein Leben führte was nach außen perfekt war und Zuhause hat er dann gezockt.
Dies ist auch meine Erfahrung, ich habe seit meiner Therapie viel geleistet, habe die Realschule und das Abitur nachgeholt und jetzt einen Bachelorabschluss in Psychologie. arbeite bereits selbstständig usw.
Alles ist nach außen gerichtet und wie stark und erfolgreich ich doch bin. Die  „normale“ Seite oder eher gesagt auch mal die schwache Seite bekämpfe ich mit allen Mitteln. Ich treffe alle Entscheidungen mit mir selbst und will wirklich niemanden nah an mich ranlassen. Aus Angst davor, jemand könnte vielleicht sehen, dass ich nicht so besonders bin, wie ich mich repräsentiere. Naja und tief in meinem inneren habe ich mich nun selbst gegeiselt, weil soviel scham bei dem Thema besteht, dass ich nun sehr viel Mut brauche um mich zu outen.
Manchmal da denke ich, eigentlich will mir die Sucht zeigen wer ich wirklich bin oder sie weißt mich daraufhin, dorthin zuschauen wo es eigentlich weh tut.
Ja ich bin krank, aber zu gerne vergesse ich das wenn es mir erstmal ein paar Monate gut geht und dann kommt der eine Tag, da ist alles so normal und langweilig, und da suche ich den Kick.
Mein alter Therapeut hat immer gesagt: „Die Sucht ist ein Wixxer, die wartet bis ihr anfangt zu Schlafen und dann holt sie sich all eure Träume und nimmt sich alles bis nichts mehr da ist“
Wie recht er doch hat…



Klasse das du nun auch keinen Alkohol / Drogen mehr nimmst, um dies zu erreichen hast du ja auch einiges getan.
Da war doch viel mehr als "nur" die Therapie, es hat sich doch in dir einiges verändert und du weiß wohin dich ein Rückfall
bringen könnte. Was es mit dir macht und wo event. Auslöser sich verbergen, wie du ihnen dann begegnen könntest....usw.

Auch dies ist für mich ein sehr spannender Punkt, ich bemerke wie ich auch hier mit mir selbst umgehe. Alle Sachen die ich tue sind für mich selbstverständlich, ja einen wirklichen Selbstwert besitze ich oft nicht. Ich erfülle meine Bedingungen und lebe oft für das außen. Abgekapselt meiner Gefühlwelt und erzeuge ein negatives Selbstbild von mir selbst. Eher gesagt habe ich garnicht ein wirkliches Bild von mir selbst. Wenn ich etwas sehe ist es oft der Teufelskreis der Sucht für den ich mich selbst abwerte.


Es ist eine psychische Erkrankung, es ist mir selbst auch etwas verständlich sich dafür zu schämen.
Doch ist dies absolut ein falscher Gedanke, der doch nur dazu führt so vieles weiterhin zu verheimlichen.
Ein Segen für diese Sucht und schon fast eine Garantie sie auch weiterhin auszuleben, es findet doch immer im heimlichen statt.
Weniger sichtbar für andere und viel leichter auszuspielen vor der Familie oder Freunden, kein taumeln oder Lallen wie bei Substanz gebundenen
Süchten.

Ich danke dir auch hier für den augenöffner Jacky! Für mich persönlich ist es auch so, dass ich wüsste wieviel sorgen ich anderen bereiten würde, falls ich nun wieder trinken würde. Ich denke auch deshalb habe ich das spielen entdeckt, weil es heutzutage durch die ganzen online Plattformen so gut heimlich zu betreiben ist. Ich war auch noch garnicht in einer spielotheck, da die Angst zu groß wäre, dass mich dort jemand sieht.

Nun Luksaa, wie geht es nun weiter?
Vielleicht findet sich ja noch eine andere Sucht um die momentane wieder zu ersetzen.
Verstehst du es ? ich glaube doch schon.
Du bist das selbst, irgendwo immer noch der Gleiche der früher halt getrunken hat.    

Hart aber wahr. Naja für mich ist das hier gerade der erste Schritt. Dadurch dass das hier anonym ist, tut es wirklich mal gut mich hier ganz nackt zu machen. Ich erkenne mich selbst gerade wieder und das Theater und die Schauspielerei welche ich erzeugt habe. Ich werde die Erkenntnis nun ersteinmal in meinen Freunden und Familienkreis tragen und mich dort zeigen. Und hoffe das sich dadurch schon viel löst. Ich habe das Problem das ich ebenfalls im sozialen Bereich schon arbeite und es deshalb für mich eine weiter Hürde bedeutet, wenn ich nun Beratungsangebote nutze, da dies Kollegen etc. Erfahren könnten. Deshalb werde ich nun erstmal mit meinen Bezugspersonenkreis starten. Aber ich werde euch definitiv auf dem laufenden halten!

Liebe Grüße an euch und ein ganz großes Dankeschön für die Arbeit die ihr hier leistet.
Ihr habt bestimmt schon einige Leben gerettet!


 
 
   
 
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Don Quijote:

--- Zitat von: Luksaa am 05.02.2024 12:30:01 ---
Alles ist nach außen gerichtet und wie stark und erfolgreich ich doch bin.


--- Ende Zitat ---

Grüß Dich Luksaa

Ich komme gerade von meiner Therapiestunde und finde diesen Satz sehr schön, das danach auch aber ich wollte nicht zu viel zitieren...
Intressant finde ich, wo du doch studiert hast (klingt doof ist aber neutral gemeint) das das innere weit aus wichtiger ist als das außen...

Das, was Du geschafft hast schreibst du so runter als wenns Butterbrot schmieren ist, sehr sehr schade aber kommt mir bestens bekannt vor  ;D

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