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AlexandraX Tagebuch

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AlexandraX:
Ich bin nie ein Verfechter von Tagebüchern gewesen, aber vielleicht hilft es doch?
Heute ist ein richtig schlimmer Tag: Gedanken rissen mich wieder aus dem Schlaf und die Traurigkeit füllte mich aus. Das Chaos meines Sohnes ist sichtbar in seiner Wohnung. Ich bin wegen Nikolaus rein und mich überfiel gleich die ganze geöffnete (immerhin das schon mal) Post verteilt über seinen großen Küchentisch. Schon war ich alarmiert, ob alle fälligen Zahlungen oder andere wichtige DInge herum liegen? Ich ließ es liegen, hin und her gerissen zwischen Verstand und Gefühl: es ist übergriffig, etwas an mich zu reißen, es tut mir nicht gut und ihm auch nicht. Er muss irgendwie lernen, seine Dinge organisiert zu bekommen. Es ist das große Chaos im Kopf beim ihm, einfachste Dinge nicht zu realisieren geschweige zu organisieren. Das liegt auch am ADS, im Sommer war er absolut desorientiert und in depressiver Verfassung. Hat auf mein wiederholtes Drängen einen Arzt gefunden (den er nicht mag) und mit Medikinet begonnen. Es räumt auf im Kopf, aber sehr wechselhaft. Mal sagt er, es ist zuwenig, mal zuviel und dann ist er überdreht. Er geht aber nicht zum Arzt. Am Wochenende erzählte er mir, die doppelte Dosis des Medikaments genommen zu haben :o, da ging es ihm noch schlechter (kein Wunder). Hintergrund ist die Niedergeschlagenheit wegen erneuten Spielens, diesmal über sein Handy, er ist ja gesperrt. Wie sowas funktionieren kann, weiß ich nicht. Die Rechnungen sind so hoch, daß er wieder die Miete nicht zahlen kann. Also schlug ich ihm vor, wenn ich das Vermögens seines Vaters übertragen bekomme (um die Rechnungen zu bezahlen und das Erbe zu sichern), zahle ich die Miete. Nun zweifle ich an den Möglichkeiten. Ein Notar sei nicht zuständig (Telefonat mit Kanzlei), das Betreuungsgericht noch nicht aktiv. Dh die Akte liegt gerade auf dem Tisch des Richters, Donnerstag kann ich dort nachfragen. Aber wie lange dauert es dann wieder, bis wirklich ein Betreuer da ist? Ich will ja zu meinem Wort stehen.
Mir kommen heute andauernd die Tränen, ich bin völlig erschöpft, habe fachliche Unterstützung für mich. Das reicht aber nicht mehr, in einer Klinik bin ich angemeldet. In eine Angehörigengruppe Spielsüchtiger gehe ich nächste Woche. Ich komme mir vor, als würde ich nur noch seit unglaublich vielen Jahren das Kamel durchs Nadelöhr schieben müssen. Ich will es nicht und muss es doch. Es gibt keine weiteren Angehörigen, die sich kümmern...
Mein Leben findet schon lange nicht mehr statt. Ich habe keinen Partner, bin zu blöd, mir den "richtigen" zu suchen, habe Angst vor einem neuen Griff ins Klo und vor allem bin ich viel zu erschöpft dafür. Alleine der Gedanke, ich solle ihm die Socken waschen, macht mich fertig.
Es gibt wenige Dinge, zu denen ich momentan überhaupt in der Lage wäre, diese für mich zu tun.... Insofern ist es vielleichzt hilfreich, hier zu schreiben...

AlexandraX:
In Gedanken bin ich beim Organisieren beim Aufwachen, wie das Vermögen vor dem Verspielen gesichert werden kann. Und ich ermahne mich, wieder zu meinen Vorhaben zurück zu kehren, zu den Dingen die mir gut tun. Zwei Ideen dafür habe ich gestern bekommen und das probiere ich heute noch aus, bin auf die Wirkung gespannt.
Eine To-Do-Liste Vermögen und Haus hat die Gedanken entzerrt. Die Betreuung ist wegen einer Rückfrage an den Gutachter immer noch nicht abgeschlossen (seit Juli!), es ist unerträglich. Es sind Tränen geflossen, obwohl ich nie weine. Aber die Richterin meldet sich telefonisch bei mir. Mal sehen, ob das etwas bringt...
Ich halte mich an den Dingen, die nur für mich sind, fest. Ich habe mich immer wieder selbst hintan gestellt, ein Problem der Biographie. Daran arbeite ich für mich, damit es mir allmählich besser geht.

Jacky1:
Hallo AlexandraX,

es tut gut ein Tagebuch zu führen, Deine Gedanken, Ziele und auch schon geschehenes niederzuschreiben.
Deine Geschichte in Echtzeit und die ist wahrlich für Dich.
Manche Dinge kannst Du nicht ändern, andere hingegen ja schon.
Dein Weg sollte in eine gewisse Gelassenheit führen, wo sich beides auch leichter voneinander differenzieren lässt.
Menschen die uns am Herzen liegen werden immer einen Einfluss haben, wir sind nun einmal daran gebunden.
Dennoch findet ein eigenes Leben immer einen Weg, so viele Dinge die Dir gefallen würden.
Finde sie...finde sie wieder AlexandraX.
Und es ist ja zu lesen, Du bist schon dabei.
Die Abhängigkeit eines Angehörigen ist meist kaum minder, als des Süchtigen.
Die Waage der Hoffnung wird nur gehalten durch den Verursacher, ein Gewicht das schnell viel zu viel wird und Deine Seite erdrückt. 
Eine SHG für Angehörige zu besuchen allemal ein guter Schritt, Du bist nicht alleine damit.
Nicht hier und schon gar nicht in einer SHG.

Liebe Grüße 
       
 
 

AlexandraX:
Die Richterin hat sich nicht gemeldet und ich gebe mir Mühe, mich darüber nicht zu ärgern. Bestenfalls hat sie erstmal Kontakt mit der Gutachterin aufgenommen. Daran kann ich nichts ändern.
Stattdessen war ich heute allein in der Sauna, morgens wo es schön leer ist. Es war eine Kopfentscheidung und tatsächlich konnte ich dort abschalten. Na bitte...
Mein Sohn hatte sich mit vielen Terminen völlig übernommen und kam total erschöpft hier an. Das ist eine wichtige Erfahrung. Dann schätzt er ggf künftig sein Energielevel realistischer ein. Und ich habe ihn nicht getröstet, ermutigt.
Jacky1 Dein Weg sollte in eine gewisse Gelassenheit führen, wo sich beides auch leichter voneinander differenzieren lässt.  Oh ja, wie Recht Du hast. Das ist für mich eine Lebensaufgabe und bedarf täglicher Übung. ;) Momentan hilft mir das Hinfühlen, was sagen meine Gedanken, was meine Seele, was mein Körper in einer Situation? Es ist wirklich erstaunlich, wie weit diese 3 auseinander liegen können.

Ich bin da in eine ungewollte Dauer- Beschützerrolle reingewachsen im Laufe seines Lebens. Und nun möchte ich mir das Schritt für Schritt wieder abgewöhnen. Ohne ihn im Stich zu lassen, sondern eher in der Rolle: Hilfe zur Selbsthilfe. Dazu gehört, mir täglich Gutes zu tun, mich nicht (mehr) zu vergessen.
Das schlechte Gewissen an mich zu denken, kann mir mal gestohlen bleiben.

Taro:
Moin Alexandra,.

Herzlich Willkommen auch von mir. Schön das Du anfängst Dich um Dich zu kümmern. Spilsucht, Depressionen und ADS treten oft zusammen auf. Wichtig ist klar Prioritäten zu setzen, Ich bin klar Spieler. Meine Depression und ADHS müssen da hinten anstehen. Das bedeutet, ich machd alley um Spielfrei zu werden, dann kommen erst andere Krankheiten. Medikamente bei ADS können auch das spielen auslösen. Das kann letzlich nur Dein Sohn beurteilen.
Die Sicherung des Erbes kann man auch ohne Betreuer ereichen, wenn er es will.

Ich wünsch Dir viel Zeit für Dich.
Taro

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