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Autor Thema: Medeas Tagebuch

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TAL

Re: Medeas Tagebuch
#15: 16.02.2020 19:29:00
Hallo Medea,

zwei Monate sind doch super. Herzlichen Glückwunsch. :)

Ja, die Erkenntnis, daß es letztlich einfach nichts mehr gab, auf / über das man sich freuen konnte, daß man nicht mehr wütend oder traurig sein konnte...
Ich habe mich mit Spielen belohnt, mich damit abgelenkt, und mich in gewisser Weise auch damit 'bestraft'. Ich konnte sowieso nichts richtig machen... Das ist schon irgendwie paradox. Es war ein freudiges Ereignis und ein bewußt heraufbeschworener Alptraum gleichermaßen.
Man lebt in seiner eigenen Welt, und keiner bekommt es mit. Keiner half mir, weil ich alles dafür tat, daß es niemand bemerkt. Und doch wäre mir nicht einmal im Traum eingefallen, daß ich dringend Hilfe brauchte.

Ich habe sehr spät erst angefangen, über sowas nachzudenken. Vorher war es ein inneres Tabuthema. Ich spiele nicht mehr. Fertig! Ich wußte zwar immer irgendwie: Das Geld war es nicht, denn das habe ich im Falle eines Gewinnes ja auch nie lange behalten, es konnte eh nie genug sein. Daß es irgendwas Anderes hätte sein können, wäre mir aber nicht in den Sinn gekommen, obwohl ich jeden Tag mit mir selbst zu kämpfen hatte. Ich war (und bin es leider manchmal immernoch) damit überfordert. Den Zusammenhang sah ich nicht. Ich war nach wie vor recht gut in der Selbsttäuschung.
Natürlich spielt man des schnellen Geldes wegen. Ich bin ein schlechter Mensch. Es war die Gier. Was denn sonst?
Gleichzeitig fragte ich mich, wo die Leere herkommt. Warum es nicht besser wird.

Ich kenne den Grund bis heute nicht, aber bei mir ist irgendwas falsch - und das hat nichts mit Geld zu tun, denn davon habe ich genug. Vielleicht ist der Grund selbst auch gar nicht so wichtig, sondern die Erkenntnis, daß es eben nicht 'von ungefähr' kommt... und man deshalb etwas ändern muß, um eine Chance zu haben. Das ist beileibe nicht einfach, aber notwendig.

Sorry, ich wollte jetzt nicht dein Tagebuch kapern, aber dein letzter Beitrag hat mich daran erinnert, wie hart die Erkenntnis ist, wie sehr das wehgetan hat... und manchmal immernoch tut. Wie armselig ich mich dabei gefühlt habe. Daß es am Ende doch ganz anders ist - und nicht unbedingt einfacher.

Aber Kopf hoch. Du hast wieder angefangen, zu leben. Damit kommen automatisch Dinge, die Spaß und Freude machen.

Viel Spaß bei deinem Film. :)
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Re: Medeas Tagebuch
#16: 25.02.2020 07:43:13
Hallo TAL,
danke für deinen sehr tiefgehenden Beitrag, und mein Tagebuch kann jeder gerne nutzen, mir hilft es die anderen Perspektiven zu lesen und mich selbst darin wieder zu erkennen.

Ich war ein paar Tage nicht hier, muss zugeben, dass mich die traurigen Geschichten ( und ja ich bin eine davon) und diejenigen die kurz hier sind und dann weg, irgendwie zu sehr beschäftigt haben, es kam mir so vor, als ob ich mich damit von mir selbst ablenken würde.
Ich denke immer noch sehr viel darüber nach was mir das spielen gegeben hat und was mir denn fehlt, warum ich also spielen musste.
Geld war es nie, hatte vor dem spielen genug habe jetzt weniger aber bin sorgenfrei. Und wenn ich überlege wie oft ich mit hohen Summen einfach hätte aufhören können - kann es nicht ums Geld gehen. Ich hatte mal gelesen einem echten Spieler geht es nicht um gewinnen sondern ums verlieren....
Ich in fasziniert davon, wie ich mich selbst über Stunden anlügen konnte um weiter zu spielen, wie ich mir bis  zum letzten Euro auf dem Onlinekonto sagen konnte ich gewinne gleich.... heute denke ich, wie konntest du nur glauben damit gewinnen zu können.
All diese Gedanken sehe ich wie einen Film ablaufen, einen traurigen Film über mich.
Aber ich habe immer noch das Gefühl ich ganz weit weg, bin nicht bei mir, finde nicht zur Wurzel des Problems....
Arbeite weiter an mir
Heute 55 Tage. Immerhin

Gruß Medea
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Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Aristoteles
 

Re: Medeas Tagebuch
#17: 25.02.2020 11:13:38
Heute 55 Tage. Immerhin

Zitat von: Tabelle
Medea   23.12.2019   64

Wo ist denn da mein Denkfehler ?
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Re: Medeas Tagebuch
#18: 25.02.2020 15:38:59
....Ich hatte mal gelesen einem echten Spieler geht es nicht um gewinnen sondern ums verlieren....

Ohne es nun über den Verfasser zu eruieren.....
Philosophische Definition oder wie es ein bekannter "Spielautomatenhersteller" nennt, "no risk no fun"
Nachdenklich allemal...beide sogar.           
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Re: Medeas Tagebuch
#19: 25.02.2020 19:55:23
Hallo Fred. Hatte auf deine motivationsliste geguckt. Hab mich verklickt. War auch erstaunt aber umso besser 😁
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Aristoteles
 

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Taro

Re: Medeas Tagebuch
#20: 29.02.2020 15:36:56
Moin Medea,

traurig sind die Geschichten die wir während des Spielens erlebt haben, aber nicht die Geschichten nach dem Spiel.
Nachdem wir mit dem Spielen aufgehört haben, sind die Geschichten oft vergleichbar mit einer Pflanze die sich trotz Asphalt seine Platz zwischen den Rissen sucht und findet. Jahre später ist dann schon der ganze Beton rissig und es ist ein ganzes Biotop entstanden.

Für mich persönlich ist die Spielsucht das beste was mir je passiert ist, auch wenn Sie mir fast das Leben gekostet hätte. Ohne die Sucht hätte ich das Leben das ich heute lebe niemals erreichen können. Dazu war ich viel zu sehr in mir selbst gefangen. Die vielen Gespräche in der SHG, die neuen Freundschaften die dort entstanden sind, die für mich etwas ganz anderes sind als alles was ich vorher erfahren habe und für mich ganz besonders wichtig, das Frauenbild, das bei mir etwas schräg war, wieder auf Augenhöhe zu bringen. Das alles kann ich nicht vorstellen, wie das auf anderen Weg zu heilen gewesen wäre. Ich habe noch zu zwei Menschen aus meinem alten leben Kontakt, der eine nennt mich immer mit einem leichten Augenzwinkern den "Senkrechtstarter".
Letztlich ist es genau das, ich konnte als ich mit dem Spielen aufhörte mir endlich das Leben nehmen, das für mich passte, ohne noch irgendwelche Rücksichten nehmen zu müssen und noch wichtiger zu wollen.

Diese "Erfolgsgeschichten" gibt es bei den trockenen Spielern zu hauf, nur nehmen wir sie schnell als selbstverständlich an. Berichten daher nur wenig davon.

Liebe Grüsse
Taro
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Re: Medeas Tagebuch
#21: 29.02.2020 17:42:48
Hallo Taro,

komisch, dass du das gerade heute geschrieben hast.
Seit dem ich nicht mehr spiele, habe ich den Eindruck bei ganz vielen Dingen einen neuen Blickwinkel zu bekommen. Ich habe das versucht für mich mal in Worte zu fassen und es fühlt sich genauso an : nicht wollen sondern machen!
Am Anfang dachte ich das sei nur eine kurze Euphorie und das würde sich mit der Zeit legen. Nun ist es jedoch schon lange so. Ich habe irgenwie eine neue Art von Energie die Dinge zu sehen und sie anzupacken. Manchmal merke ich aktuell dass ich etwas über das Ziel schieße und dann total erledigt bin, aber im Ganzen ist es ein tolles Gefühl, die Dinge einfach anzupacken. Und das fängt beim Sport an und geht über die Arbeit bis hin in neue Freundschaften und Lust in diese Zeit zu investieren.
Ich hoffe dieses Gefühl kann ich noch lange festhalten und es erforschen und für mich nutzen.
Danke für deinen Beitrag !
LG Medea
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Aristoteles
 

T

Taro

Re: Medeas Tagebuch
#22: 01.03.2020 16:58:53
nicht wollen sondern machen!

Moin Medea,

mit dem Satz hast Du es auf den Punkt gebracht. Als ich erst in den Depressionen und später im Spielen gefangen war, war genau das mein Problem. Ich dachte oft ich wolle zwar, ich mache es aber besser nicht, weil oder aber....Anstatt mir mein Leben mit beiden Händen zu nehmen, habe ich den inneren Tod im Spielen gewählt. Es war wie Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Nachdem ich mit dem Spielen aufhörte, den Tod schon vor den Augen hatte, da hatte ich schon mal eine Sache geschenkt bekommen, ich hatte keine Angst mehr. Wovor sollte ich noch Angst habe? Mehr als mein Leben kann ich nicht verlieren.

Das machen ist ja schon mal gut, was aber auch nicht so einfach war, was wollte ich überhaupt. Mein Lieblingssatz zu dem Thema, "Wenn ich nicht weiß wo ich hin will, dann darf ich mich nicht wundern, wenn ich eines Tages irgendwo stehe, wo ich nie sein wollte"

Auch meine Möglichkeit zu wissen wo ich überhaupt hin will hat im laufe der Zeit stark abgenommen. Ich habe mich ja eh immer dagegen entschieden. Um wieder zu lernen was ich überhaupt möchte, wer ich eigentlich bin, dafür gehe ich auch heute noch gerne in die Meetings. Überhaupt ist die Zeit mit Freunden die mich seit Jahrzehnten begleiten der schönste Ort zum sein. Egal ob ich müde bin, Kopfschmerzen habe, ich gehe immer hin, ich weiß, hinterher geht es mir besser.

Im kleinen zu wissen was ich machen möchte ist ja noch einfach. Aber im grossen ist es erstens nicht einfach und es hat mir auch ganz schön meine Grenzen aufgezeigt. Als ich mich entschieden habe, noch mal studieren zu wollen, da musste ich erstmal meine Fachhochschulreife machen. Mit 28 schon eine Herausforderung. Meinen Job zu kündigen, mich dort anzumelden, alles noch einfach, was aber wenn ich es nicht schaffe. Kann ich das überhaupt ertragen? Das war zum Beispiel etwas, worüber ich viel im Meeting geredet habe, bis ich meine Antwort gefunden hatte. Sie war wie Dein Zitat. Meine heutige Frau habe ich in Hannover kennen gelernt. Ich wohnte in Hamburg. Wir waren zusammen, dann zog Sie wegen dem Job nach Kiel, dann nach Schweden. In Schweden war Ihr Traumjob, ich wusste das schon bevor wir zusammen waren, dass das Ihr Traum war. Sie wäre tatsächlich wegen mir in Deutschland geblieben, aber ich wollte natürlich meiner Liebsten auf keinen Fall bei Ihrem Traum im Wege stehen. Keine einfachen Entscheidungen die da zu treffen waren, auch als Sie dort war ging es teilweise noch mit schwierigen Entscheidungen weiter. Kein ganz glatter Weg, aber um Klarheit zu finden, habe ich immer darüber im Meeting gesprochen. Ich habe heute in vielen Dingen viel Klarheit, ich weiß genau was ich will. Ist vielleicht auch etwas, was im alter sowieso kommt. Auf der anderen Seite lerne ich oft Menschen kennen, die diese Klarheit nicht haben.

"Nicht wollen sondern machen" für mich einer der Schlüssel in die Suchtfreiheit.

Taro
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Re: Medeas Tagebuch
#23: 02.03.2020 08:41:07
Guten morgen,

vielen Dank für deinen Beitrag, Taro. Für den Einblick in deinen Weg und dass gerade gehen nicht bedeutet richtig zu gehen, nur wenn man aufrecht geht, dann geht man richtig und dabei die ein oder andere Kurve zu nehmen das kenne ich auch.
Vor zehn Jahren habe ich mein damaliges Leben auch komplett geändert, Firma verkauft, nochmal studiert und dann ganz neu in einer anderen Stadt angefangen.
Dazu wäre ich jetzt nicht wieder bereit, auch weil ich das Leben jetzt hier total mag. Ich mag meinen Job und ich mag meine Umgebung.
Was ich nicht mag muss ändern, ich muss mehr raus, weniger Sofa und nur Arbeit ( die leider meine zweite Sucht ist)  mehr Wald und Meer.
Damit habe ich begonnen und es fühlt sich soooo gut an, morgens einfach im Wald bei klarer Luft vor der Arbeit ein Stück zu gehen.
Ich habe noch viel vor mir, um die Dinge auch so zu verändern, dass Spielen kein Thema mehr ist, dabei muss ich leider auch in die weniger schönen Tage zurück gehen- mal sehen wie das wird.

Jetzt starte ich erstmal wunderbar spielfrei in die nächste Woche und freue mich auf diesen sonnigen Tag
Danke für deine tollen Beiträge Taro, sie bewegen meine Gedanken auf wunderschöne Weise

LG Medea
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Aristoteles
 

Re: Medeas Tagebuch
#24: 23.03.2020 13:02:36
Hallo an alle,

habe mich im Forum in letzter Zeit sehr rar gemacht, sorry. es ist einfach sehr viel zu organisieren. Alle ins Homeoffice schicken, Ladengeschäft erstmal geschlossen. Hoffe ich halte ein paar Monate durch.
Muss zugeben, mit den Sorgen kommt auch wieder der Gedanke zu spielen. Ich habe das immer als Ablenkung genutzt.
Aber ich weiß auch, damit würde ich alles nur noch vieeel schlimmer machen. deswegen. JETZT ERST RECHT!! wenn ich jetzt nicht spiele dann weiß ich, ich bin wirklich einen Schritt weiter gekommen.

und es sind seit gestern 90 Tage. bin stolz darauf.
 bleibt alle gesund.
LG Medea
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Aristoteles
 

Re: Medeas Tagebuch
#25: 23.03.2020 16:24:20
Hallo medea,

schön dass Du hier bleibst und berichtest.
Eigentlich sollte die jetzige Situation dazu führen, noch mehr Abstand zum Spielen zu "gewinnen".
Doch sind es ja oft solche Momente gewesen, vor denen man ja eine Auszeit gesucht hat.
Du hast geschrieben " JETZT ERST RECHT ".

JA!

90 Tage sind Klasse, gut gemacht.

Liebe Grüße     
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S
Re: Medeas Tagebuch
#26: 23.03.2020 17:03:05
Hallo Madea,

90 Tage sind eine tolle Zeit, ich weiss nicht wann ich das letzte mal 90 Tage spielfrei war :( aber ich arbeite daran....

Ich drück dir beide Daumen dass sich deine berufliche Lage bald entspannt....

In meinen Job habe ich vorerst keine Einschränkungen zu erwarten, das beruhigt, aber ich sehe auch was im Umfeld los ist....

Bleib stark und gesund....

Liebe Grüße...
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T

Taro

Re: Medeas Tagebuch
#27: 23.03.2020 23:21:55
Bei GA gibt es jährlich eine Medalien, auf der der Trochengeburtstag drauf steht. Die erste gibt es jedoch nach 90 Tagen.
Ein bedeutender Zeitraum, sind doch die automatismen eindeutig durchbrochen. Das schwerste liegt hinter Dir. Jetzt heißt es wachsam bleiben.

Taro
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Re: Medeas Tagebuch
#28: 24.03.2020 17:55:16
Hallo Jacky, Taro und SpyroDo,

vielen Dank für Euren Zuspruch.
klar sind 90 Tage gut, aber wenn ich daran denke, dass ich schon mal Jahre spielfrei war, dann kommt es mir vor wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich merke einfach, dass ich mir nie wieder sicher sein kann nicht zu wieder zu spielen und das ist ein doofes Gefühl.
Ich muss mich zwingen von Tag zu Tag zu denken, gerade jetzt in der Krise ist das wichtig, wenn man zu weit versucht nach vorne zu blicken macht das einem Angst.
Ich halte weiter durch, aber ich merke es strengt viel mehr an als noch vor einigen Wochen. Genau sagen warum das so ist kann ich nicht, vielleicht einfach auch, weil ich mich weniger mit Arbeit ablenken kann.
Und meine Ideen mein Leben zu ändern hauen eben auch nicht hin, kein Sport keine Freunde treffen.... da kommen einfacch blöde Gedanken hoch.
Danke für Eure Fürsprache, die tut dennoch sehr gut
LG Medea
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Aristoteles
 

Re: Medeas Tagebuch
#29: 01.04.2020 20:02:36
Logbucheintrag:

01.04.2020  / Sternzeit 83500,34 (und ich habe es ausgerechnet  :))
100 Tage spielfrei!

beam me up, Scotty.

Glückwunsch Medea. 

Liebe Grüße
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