Austausch ist hilfreich und wichtig. Ich will ja verstehen, worin die Dynamik liegt und bin per se immer an der Seite meiner Lieben. Mein Fehler ist, daß ich mich andauernd verantwortlich gefühlt habe. Das war ich auch, bis der Betreuer aktiv wurde. Und nun ist mein Ziel, Vertrauen aufzubauen, ohne die Richtung vorzugeben. Jetzt ist das, eine mögliche Richtung aufzuzeigen, wohl nicht mehr nötig. Dieser Wechsel von krasser Desorientierung und glasklarem Verstand meines Sohnes ist schwer zu fassen und machte erst Recht die richtige Unterstützung schwierig, beschränkte sie auf die Tagesform. Was ist zuviel, was ist zu wenig? Leider kann mir niemand dazu etwas sagen. In einer Familie könnte man darüber nachdenken, leider gibt es sie nicht. Und da es niemanden gibt und ich doch verstehen möchte, helfen eben Aufsätze, Artikel. Ich sehe darin eine versachlichte Darstellung, die von Betreffenden mit Leben gefüllt wird - sofern man diese findet.
Es scheint, dass Sohni inzwischen selbst einen roten Faden hat, ich wünsche es ihm sehr. Er hat es immer schwer gehabt. Und es wäre wirklich schön, wenn jetzt seine guten Jahre beginnen...
Ich möchte eine andere Verbindung haben, eine andere Rolle. Mein Leben findet auch jetzt statt, das ich endlich mit meiner Kraft füllen möchte. Die ging immer für ihn drauf, es war ja auch wirklich nötig.
Der Schock über das Ausmaß des Spielens mündete in (heilsamer?) Anerkennung der Realität. Ich bin inzwischen nicht mehr aufgebracht, wie wohltuend. Jetzt ist mir wichtig, eine entspannte Beziehung zu meinem Sohn zu bekommen. Er kommt bald aus der Reha, wir werden sehen.
Mir hat das Geschehene gezeigt, wieviel Kraft es kostet, für die Spieler und ihre Angehörigen, irgendeinen Ausweg zu finden. Es war ein langzeitiges Durchhaltevermögen unabdingbar, jeder hat seine Sicht auf die Dinge gehabt.
Wenn es gelingt, sich mitzuteilen und zu verstehen, ist das ein guter Weg für uns.
Ich bin immer noch damit beschäftigt, die Verschlechterung meiner Gesundheit wieder in den Griff zu bekommen. Alleine das ist ein langwieriger Prozess und ist bislang schwieriger als gedacht. Medikamente müssen höher dosiert werden, mit Nebenwirkungen. Mehrere Ärzte versuchen, die Schädigung zu begrenzen. Und ich versuche, darüber keine Angst zu bekommen.
Mein Sohn entschloss sich, mir seinen Suchtbericht aus eigenem Interesse zu geben. Diese Offenlegung ehrt ihn, er will keine "Spielchen" mehr mit mir machen. Der Bericht entstand in seiner Therapie.
Mein Sohn hätte weiter gespielt, wenn ich ihn nicht immer wieder damit konfrontiert, für Therapie gesorgt und den Betreuer initiiert hätte. Inzwischen sieht er seine Sucht. Von allein wäre nichts passiert, außer Abstieg und Obdachlosigkeit. Das Wegsehen muss immense Macht haben. Ich bin nicht dazu in der Lage zuzusehen, wie mein Sohn abstürzt.