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Familienplanung trotz Spielsucht...

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Fred:
Moin Kerstin,

ich hab selbst über 30 Jahre gespielt und möchte zu einige Dingen Denkanstöße geben.

1) Worte & Versprechen haben bei einem "nassen" Spieler absolut keinen Stellenwert.
Versprechen tun wir alles, halten in der Regel nichts ( was das Spielen angeht )

Glaube bitte nur "TATEN" ... egal wie glaubwürdig eine Geschichte klingen mag.

2) 80.000 Minus ist schon ne Hausnummer die vermutlich existenzbedrohend ist.
Da steckt ganz sicher bereits eine sehr lange Geschichte dahinter. Deutlich länger als du es dir vorstellen kannst.

3) Selbst wenn er "trocken" wird, bleibt die Spielsucht ein Leben lang. Die ist nicht in einem Jahr "vorbei"

Was mich am meisten stutzig macht:
4) Warum "darfst" du nur einmal im Monat die Kontoauszüge sehen, warum nicht jederzeit, jeden Tag ?

Ich formuliere mal meine persönliche Meinung, die gleichzeitig aufzeigt, wie ich früher als Spieler "drauf" war.
Dein Mann zockt ungeniert weiter, er versteckt es nur besser
Das monatliche "Konto zeigen" ist ein Trick ..keine Ahnung was, aber es klingt fingiert

Nach 10 Jahren aufhören "wollen" habe ich es dann vor 5 Jahren endlich in die Hand genommen
ich
a) informierte meine Frau über jeden Schritt den ich tat, damit sie nie zweifeln muss wo ich bin
b) gab ihr Bank- und EC-Karte mit der Bitte mir diese 3 Jahre nicht auszuhändigen ( kenn mich doch :) )
c) besuchte die Selbsthilfegruppe in unserem Dorf, obwohl dies eine Alkohol-Gruppe war.
d) verbrachte sehr viel Zeit in Spielsuchtforen wie diesem hier
e) krempelte mein ganzes Leben um
( im Detail war es natürlich noch viel, viel mehr )

Wenn man wirklich aufhören will, muss man alles dafür tun. Alles andere sind müde Ausreden.
Von denen die hier heute wirklich spielfrei sind, haben alle "gemacht" .. .und nicht "geschnackt".

Das einzige wie du deinem Mann "helfen" kannst, ist deine bereits an den Tag gelegte Konsequenz.
Ein Spieler "muss" Konsequenzen tragen, sonst wickelt er dich immer wieder ein ...

Wenn dein Mann nun wirklich etwas tut, und das heute, morgen übermorgen und nicht "nächsten Monat"
dann kannst du ihm hilfreich zur Seite stehen, ansonsten musst du dich um dein Leben und deine Zukunft
kümmern und ggf. die nötigen Konsequenzen daraus ziehen.

Spontan- oder Wunderheilungen bei Spielern sind mir nicht bekannt.
Bisher war es immer wirklich harte Arbeit.

Wenn das dein Mann nicht von alleine einsieht und beherzigt, dann ist er noch nicht so weit.

Und wenn er dir etwas "für die Zukunft" verspricht, frage gleich, warum nicht sofort/morgen/bald ?
Aber ansonsten siehe oben ... "Worte" ....

Kerstin:
Lieber Taro, lieber am Tiefpunkt, lieber Fred,

ich möchte euch von Herzen für eure Worte und die Zeit, die ihr euch genommen habt, diese zu formulieren, danken!
Jedes Wort von euch habe ich aufgesogen. Erst einmal bin ich auch selber überrascht darüber, wie sehr ich durch eure Nachrichten emotionale Unterstützung erfahre. Wow, das bestärkt mich, nach Ende des Lock-Downs doch die örtliche Angehörigengruppe aufzusuchen, von der mir mein Berater erzählte. Es tut so gut, Verständnis entgegengebracht zu bekommen. Und es tut gut, an euren sicherlich schwierigen, aber vor allem auch siegreichen Kämpfen Anteil nehmen zu dürfen.
Das andere sehr deutliche Kernelement, welches ich aus euren Nachrichten entnehme, ist es, dem sehr zögerlichen und nur eindimensionalen Handelns meines Mannes nicht zu vertrauen. Tja, ich kann ihm Druck machen und das tue ich auch. Doch wenn auch da nur das halbe Herz mit dabei ist, und er sich zu Hilfsangeboten zwingt (um es mir zu beweisen), habe ich damit auch nicht viel gewonnen. Ich weiß schlichtweg nicht, wie es in seinem Herzen um die Spielsucht wirklich aussieht. Wie entschlossen er wirklich ist - wie ihr geschrieben habt- dürfte man/ich bei voller Entschlossenheit mehr erwarten...
Was bleibt mir nun übrig? Warten...immer wieder Druck machen....und/oder mich gar räumlich von ihm trennen, wenn nichts weiteres geschieht...

Ich habe Angst das letzteres dann wirklich der Anfang vom Ende unserer Ehe ist. Schon jetzt habe ich das Gefühl, etwas in mir ist zerbrochen. Ich bin, was das Thema "Vertrauen" angehet, ein etwas gebeuteltes Kind, daher wiegt der Vertrauensbruch so schwer für mich. Deshalb fürchte ich, dass meine Liebe zu ihm nicht so viel aushalten kann, wie ich es mir wünsche....
Sicherlich ist dies zu weit gedacht, mitunter auch katastrophisiert. Zumindest hoffe ich das...

Habt noch einmal Dank. 
Ich verbleibe in Hochachtung und vielen Grüßen.
Kerstin

Fred:

--- Zitat von: Kerstin am 31.01.2021 14:27:53 ---Ich habe Angst das letzteres dann wirklich der Anfang vom Ende unserer Ehe ist. Schon jetzt habe ich das Gefühl, etwas in mir ist zerbrochen. Ich bin, was das Thema "Vertrauen" angehet, ein etwas gebeuteltes Kind, daher wiegt der Vertrauensbruch so schwer für mich. Deshalb fürchte ich, dass meine Liebe zu ihm nicht so viel aushalten kann, wie ich es mir wünsche....

--- Ende Zitat ---

Es könnte durch der Anfang vom Ende sein. Wenn dem so ist, ist es aber nur gut.
Denn was würde dich erwarten ? Ein Leben in Sorge, Geldnot und Streit ?

Nach dem "Ende" kommt aber gewiss etwas neues.
Und wenn dies dein aktueller Ehemann mit einer neuen Lebenseinstellung ist, umso besser.



--- Zitat von: Kerstin am 31.01.2021 14:27:53 ---Sicherlich ist dies zu weit gedacht, mitunter auch katastrophisiert. Zumindest hoffe ich das...
--- Ende Zitat ---

Eher noch verniedlicht ... auch wenn das jetzt "böse" klingt.

Du / Ihr müsst den Scheiß ernst nehmen. Richtig ernst
Spielsucht ist eine der massivsten Suchtkrankheiten überhaupt.
"Wir" spielen ja nicht nur am Automaten/PC/Handy oder im Casino.
Nein, unser ganzes Leben ist ein Spiel. Vor allem ein Spiel mit Menschen.
Nicht selten ein überaus perfides.

amTiefpunkt:
Moin Kerstin,

eine Angehörigengruppe wird dir mit Sicherheit gut tun und wird dir Halt und Unterstützung geben, mehr noch als dieses Forum es dir geben kann. Jede Art von Rat (Hilfestellung) wird dich weiter bringen. Je mehr du über diese Sucht lernst, desto besser kannst du Entscheidungen treffen. Niemand kann dir mehr Verständnis entgegenbringen als Betroffene selbst. Ihre Erfahrungen können dir unglaublich viel mit auf den Weg geben.
Ich hoffe inständig, dass dein Mann sein Problem als solches erkennt und es angeht, falls nicht, liebe Kerstin, plane nicht für eine Familie...
Noch ist alles möglich, leider hängt es zumeist von ihm ab und nicht von dir!
Sosehr es du dir auch wünschst, oft schreiben Spieler andere Geschichten...die Zeit wird es zeigen...

Bleib wachsam,

aT

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