Hallo,
durch Zufall bin ich auf dieses Forum gestoßen. Ich hoffe, mich hier mit Menschen austauschen zu können, die die Problematik Spielsucht aus eigener Erfahrung, sei es aus Sicht der Betroffenen oder der Angehörigen, kennen.
Jetzt bin ich in einer Situation, mit der ich nicht so recht umzugehen weiß und hoffe, hier Gedanken, Anregungen, Ratschläge zu finden.
Ich habe vor ca. 12 Jahren meinen damaligen Freund kennengelernt. Nach ca. 3 Jahren kam unser gemeinsames Kind zur Welt. In der Zwischenzeit habe ich bemerkt, dass er spielsüchtig war. Anfangs hatte ich die Anzeichen nicht wahr haben wollen bzw. war noch in dem Glauben, ihm helfen zu können. Viele Versuche scheiterten. Obwohl seine Spielsucht auf der Hand lag (Aussagen von Freunden, Angehörigen, Kontoauszüge, Haftbefehl aufgrund nicht gezahlter Beträge ?) gab er es nie (sogar bis jetzt) nicht zu. Um meine Familie zu schützen, habe ich mich letztendlich von ihm getrennt. Bitte verurteilt mich nicht dafür. Es gibt sicherlich viele Angehörige, die den Kampf aufnehmen. Aber ich war damals für zwei Kinder und eine pflegebedürftige Angehörige verantwortlich. Ich hatte einfach nicht genug Kraft für diesen Mann.
Mehrere Jahre hatten wir wegen des Kindes sporadischen Kontakt. Immer wieder setzte er uns psychisch unter Druck ? betonte oft seine katastrophale finanzielle Lage (ohne weiterhin konkrete Bitten um Geld zu äußern ? davor hatte ich schon längst einen Riegel geschoben), aber mit der Betonung, wir seien sein einziger Lebenszweck, er denke über erweiterten Suizid nach ? An dieser Stelle habe ich für ihn um Hilfe gesucht, da ichselbst damit völlig überfordert war. Nachdem er im Rahmen einer größeren Angelegenheit versucht hat, uns in seine finanzielle Misere reinzuziehen, habe ich den Kontakt völlig abgebrochen. Für mein Kind war das kein Problem, da wir nicht im gleichen Bundesland gewohnt haben und er in den ersten Jahren ohnehin nur sehr selten bei uns war ? oft monatelang überhaupt nicht und wenn, dann nur kurz. Eine Beziehung zwischen ihm und unserem Kind ist also nie entstanden.
Jahrelang war es ok. Er ließ uns in Ruhe, schickte zwei Mal im Jahr ein Päckchen (zahlte nie Unterhalt ? aber egal, wir schafften es bislang auch ohne ihn). Seit ca. einem Jahr will er sehr dringend Kontakt zu uns. Anfangs habe ich versucht, es zu ignorieren, aber er blieb hartnäckig. Mir ist die Gesetzeslage bekannt. Der Vater hat ein Umgangsrecht. Mir ist auch klar, dass mein Kind ein Recht auf den Vater hat. Aber ich habe Angst ? vor allem davor, dass er wieder versucht, uns in seine finanzielle Schieflage reinzuziehen. Ich habe Hilfe beim Jugendamt hinsichtlich der Umgangsregelung angefragt. Bei einem ersten gemeinsamen Termin wurde klar, dass er das Thema Spielsucht immer noch leugnet. Meine Ängste wurden als überzogen belächelt. Aber die Gelder, die er damals verspielt hat, sind unglaublich hoch. Als Freiberufler hat er kein Einkommen. Er selbst hat mit einem frechen Lächeln im Gesicht erklärt, dass er noch nie einen Cent in die Rentenkasse eingezahlt hat. Er lebt bei seiner Mutter und von deren Rente. Die Dame ist mittlerweile fast 90 und pflegebedürftig. Meine Angst ist, dass er, sollte seine Mutter nicht bei guter Gesundheit 100 werden (Das soll bitte nicht sarkastisch klingen, vor allem angesichts er aktuellen Situation nicht ? aber mal ganz realistisch betrachtet . ?), also dass er einen neuen Finanzier sucht. Dass er mit finanziellen Wünschen bei mir auf Stein beißt, weiß er sicherlich. Aber er hat auf dem Jugendamt bereits betont, dass er den Umgang mit seinem Kind auf Dauer allein wünscht. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie er Menschen beeinflussen kann. Rhetorisch ist er unglaublich stark. Ich möchte mein Kind, sollte ein Umgang in Zukunft stattfinden, nicht zu sehr im Vorfeld ?impfen?. Mein Kind hat den Papa, die Fantasiefigur, die Päckchen und Briefe schickt, lieb. Dieses schöne Gefühl, irgendwo einen Vater zu haben und von ihm geliebt zu werden, möchte ich nicht nehmen. Aber Kinder sind naiv, gerade wenn jemand mit süßen Worten und Geschenken ankommt. Und selbst wenn mögliche Beeinflussungen nicht dazu führen, dass mir die Geldkarten geklaut werden oder das Taschengeld beim Papa landet, so befürchte ich, dass er irgendwann bei uns vor der Tür steht, weil er kein eigenes Zuhause mehr hat. Oder wie erkläre ich, dass Papa auf der Parkbank auf dem Weg zur Schule schläft und ich den lieben Papa nicht in unsere Wohnung lasse? Oder eine noch schlimmere Angst: Was ist mit seinen Gläubigern? Ich weiß nicht, wem er Geld schuldet. Was, wenn er sich mit Personen eingelassen hat, die besser nicht wissen dürfen, dass er ein Kind hat?
Sind meine Ängste überzogen? Habe ich zu viel dunkle Fantasie? Ich bin mir nicht sicher, ob das Jugendamt mich ernst nimmt. Vielleicht finde ich hier durch eure Kommentare, Gedanken, die mich etwas runterbringen und vielleicht beruhigen. Vielleicht findet sich aber auch jemand, der / die mich verstehen kann und eigene Erfahrungen schildert, die ich evtl. gegenüber dem Jugendamt als Untermauerung meiner großen Sorgen anbringen kann.
Ich danke euch herzlich vorab und wünsche allen viel Gesundheit.
Lotte