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Autor Thema: Wie können Angehörige helfen

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K
Wie können Angehörige helfen
OP: 18.01.2022 07:57:25
Hallo,
ich bin neu hier weil ich eine Anlaufstelle für Angehörige suche.
Mein Bruder ist seit langem spielsüchtig, hatte das Thema aber nie richtig zugeben wollen. Nun hat er sich vor ein paar Tagen geoutet, leidet an sehr starken Depressionen und ist krankgeschrieben. Da er beruflich sehr viel unterwegs ist, ist er nun zuhause bei unseren Eltern. Die sind fix und fertund die ganze Situation ist sehr belastend. Er möchte unbedingt in eine Klinik, um zu verstehen, wieso er so ist, wie er sagt. Allerdings sind die Wartezeiten sehr lange.
Was kann ich als Angehörige tun, um ihm zu helfen? Ich möchte ihn gerade jetzt am Anfang nicht mit etlichen Ratschlägen und Infos überschütten, da er noch sehr labil wirkt und selbst sagt, die Tabletten, die er bekommen hat, benebeln ihn recht arg.
Gibt es außerdem eine zentrale Anlaufstelle/ Meldestelle unter der man alle Zugänge für on- und offline sperren lassen kann zum Selbstschutz?
Danke schonmal im Voraus für eure Rückmeldungen.
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Re: Wie können Angehörige helfen
#1: 18.01.2022 08:09:53
Hey Koni,

Ja es gibt die Möglichkeit sich sperren zu lassen, wie der konkrete Vorgang aussieht kann ich dir nicht sagen.
Du bzw dein Bruder sollte eine Anlaufstelle vor Ort aufsuchen, Caritas, Diakonie o.ä.

Für online könnte dein Bruder einen gameblocker installieren,  sind ca. 60€/pro Jahr glaube ich.

Um Die Zeit zum stationären Aufenthalt zu überbrücken könnte dein Bruder sich eine Selbsthilfegruppe suchen oder einen Therapeuten zum zahlen, die haben schneller Termine als die mit Abrechnung mit der Krankenkasse.

Ansonsten kannst du deinem Bruder nur beistehen, er muss den Weg selber gehen. Da sind dir und deinen Eltern quasi die Hände gebunden.

Liebe Grüße,
Hestia
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Re: Wie können Angehörige helfen
#2: 18.01.2022 08:10:33
Moin Koni,

Willkommen hier im Forum, schön, dass du geschrieben hast!

Eine erste und überaus wichtige Anlaufstelle ist immer eine Suchtberatiungsstelle, am besten begleitest du ihn dorthin, um selber besser die Situation einschätzen zu können. Spielsucht ist eine Krankheit und ist nicht heilbar, jedoch ist es möglich damit ein "normales" Leben zu führen. Verbreitet ist auch die Vorstellung, dass man 6 Wochen in eine Klinik geht und danach davon befreit ist bzw man eine gezielte Ursache für das Spielen gefunden hat, dies sind jedoch falsche Bilder. Sicher wird dort an Defiziten gearbeitet, die mitverantwortlich für die Sucht sind und Wege gezeigt, spielfrei zu leben, aber sobald man die Klinik verlassen hat, wartet das alte Leben. Und genau hier gilt es dann anzusetzen, es liegt an deinem Bruder selbst, etwas an seinem Leben zu verändern. Der Entschluss nicht mehr aus der Realität ins Spielertraumland zu flüchten, kann nur er selbst wählen.
Schau am besten mal, ob es eine SHG in eurer Nähe gibt - dort sitzen die richtigen Experten. Auch dorthin kannst du ihn begleiten. Dränge ihn nicht, es muss aus ihm heraus passieren....
Spielt er online oder Spielo, ich frage bezüglich sperren....
Soviel in Kürze, Grüße,
aT
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TAL

Re: Wie können Angehörige helfen
#3: 18.01.2022 09:01:37
Hallo Koni,

ich bin gerade auf der Arbeit, deshalb nur kurz zur Info:
Ja, es gibt seit dem 01.07.2021 eine bundesweite Sperrdatei namens OASIS. Das Ganze steckt noch in der Anfangsphase, aber auf lange Sicht sollen dort die Daten aller gesperrten Spieler zentral erfaßt werden, und dies verbindlich für alle in Deutschland legalen Glücksspielangebote, sowohl online als offline.
Jeder Anbieter ist dann verpflichtet, vor Spielbeginn zu überprüfen, ob der Kunde dort gesperrt ist.

Den Sperrantrag findest du hier unten auf der Seite:
https://rp-darmstadt.hessen.de/sicherheit/gl%C3%BCcksspiel/spielsuchtpr%C3%A4vention

Schicken kann er ihn dann per Post an die auf dem Antrag angebene Adresse, oder per Mail entweder an: spieleranfragenoasis@rpda.hessen.de oder oasis@rpda.hessen.de
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Re: Wie können Angehörige helfen
#4: 18.01.2022 14:25:34
Vielen Dank für eure Antworten und Anregungen.
Den Link zum Sperrantrag hab ich weitergegeben. Ich gehe davon aus, dass es sich überwiegend um online Casinos handelt, da wir aber weiter weg voneinander wohnen bzw er viel unterwegs ist, kann ich das Spielverhalten schlecht einschätzen. Er hatte schon immer Hochs und Tiefs, war mal anwesend bei Familienfesten, dann wieder urplötzlich abgesagt, obwohl er eigentlich ein sehr ortsgebunden ist und die Familie einen hohen Stellenwert hat.
Ich werde ihm vorschlagen eine Selbsthilfegruppe in seiner Nähe aufzusuchen, ich denke, dass das wohl am wichtigsten ist im Moment. Wenn ichs schaffe, werde ich ihn begleiten, sofern er das wünscht. Ich will ihn auch nicht nerven, habe aber Bedenken, ob er seine Krankheit nicht wieder relativiert, sobald es ihm psychisch besser geht.
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Re: Wie können Angehörige helfen
#5: 18.01.2022 15:44:52
Hallo Koni und auch von mir ein herzliches Willkommen,

unter folgendem Link findest Du Suchoptionen und Kontaktdaten zu hilfreichen Anlaufstellen.
Auch für Angehörige lassen sich dort Angebote finden.

 https://www.spielsucht-soforthilfe.de/index.php?board=33.0

Grüß Dich

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« Letzte Änderung: 18.01.2022 17:10:21 von Jacky1 »
 
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Re: Wie können Angehörige helfen
#6: 19.01.2022 18:59:49
Hallo nochmal,
ich hatte den Sperrantrag weitergeleitet und da ich nichts mehr gehört habe, heute mal nachgefragt, ob er ihn eingereicht hat.
Seine Antwort war, dass er noch nichts unternommen hätte bzgl Selbsthilfegruppe etc ( was ich ihm auch vorgeschlagen hatte) und den Antrag „fragwürdig „ findet und nicht weiß ob er das macht, er hätte auch schon seit Tagen gar keine Lust mehr zum Spielen. Hält er mich für blöd oder was?
Ich bin stinksauer, da ich erfahren habe, dass meine Eltern ( beide um die 70) krank vor Sorge sind und ihr letztes Erspartes ausgegeben haben um die Schulden zu begleichen, die er hat, die weitere Rechnungen zu bezahlen. Daraufhin hab ich nun gefragt, ob er sich eigentlich nicht schämt den bei in ihrem Alter das Ganze zuzumuten. Er hat wie erwartet nicht darauf reagiert, wahrscheinlich weil ich ihn zum ersten Mal so angefahren habe. Aber ich vermute nun stark, dass er in seiner „heilen Blase“ sitzt, da die Stimmung plötzlich besser ist und sich denkt es wird wieder alles gut von allein, Montag gehe ich zum Arzt und sehe weiter und irgendwann kommt die Therapie, dann ist alles wieder gut.
Ich bin so sauer weil ich absolut nichts machen kann, bzw merke, dass nichts von ihm kommt, was in Richtung Heilung geht.
Bisher war ich im Ton immer recht vorsichtig, da ich weiß, es ist eine Krankheit und mit einem trockenen Alkoholiker befreundet war, der mir sagte, man kann das nicht verstehen, wenn man selbst nicht abhängig ist und man lässt sich auch nur von Leuten was sagen, die das Gleiche durchgemacht haben. Aber mittlerweile komme ich mir blöd vor und bin auch wütend. Kann ich ihn direkt damit konfrontieren, dass er dabei ist auszuweichen und sich seinem Problem nicht stellt?
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Re: Wie können Angehörige helfen
#7: 19.01.2022 21:35:58
Hallo Koni,

weißt Du was wir hier neuen hilfesuchenden Spielern schreiben, die endlich etwas unternehmen und nach helfenden Händen greifen.
Wenn sie erzählen, wie sie einst ihre Kinder zu Bett brachten und danach das kleine Sparkäslein aus dem Kinderzimmer  plünderten und diese Münzen umgehend in die Spielhalle brachten. Wie sie sich schämten und selbst alles kaum glauben konnten ?

Wir schreiben ihnen , sie können nichts dafür , es ist eine schwere psychische Erkrankung.
Aber ab nun an  sollte alles in die Wege geleitet werden, dass es nie mehr vorkommt.. alles!!!
Nicht halbherzig, nicht versuchsweise sondern das volle Programm.

Denn nur dann ist es auch "legitim" von einer psychischen Erkrankung zu berichten , für die keiner etwas dafür konnte.
Und mit der Zeit erkennt es jeder selbst, wie viel Schuld er doch auch gehabt hatte dabei.

Es ist Dein Bruder, er macht euch allen große Sorgen mit seinem Verhalten.
Er sollte hier schreiben , so ist es aber nicht, seine Schwester macht es ja.
Nimmt sich diese Zeit um mit uns zu schreiben.

Warum habe ich wohl 30 Jahre so akribisch bis ins kleinste Detail meine Spielsucht verheimlicht.
Um meine Sucht zu schützen und vor allem einer Konfrontation aus dem Wege zu gehen.
Werte Koni, mit Verlaub: Wir Spieler wussten schon immer was wir taten, wir lernten nichts daraus.
Bis zu jenen magischen Worten..."ich bin machtlos bitte helft mir" die nicht vom Herzen kamen sondern aus dem Verstand.
Keinen Spielraum mehr für einen Spieler, sei es Bruder, Mutter , Sohn oder Lebenspartner.
Auch Angehörige stehen in einer Pflicht, wenn sie in einer direkten Beziehung bleiben möchten.

Denn Du solltest nicht verheimlichen was an Dir so sehr nagt.
Was Du ertragen musst in Deinem Herz mit dem "gleichen Blut".
Es ist Dir wichtig, also los..er sollte alles wissen, was er zerstört.
Er kann dann ja wieder "fliehen" in seine Sucht, würde er ja eh event.
Depressionen habe ich selbst, schon mein ganzes Leben und ich darf es nun schreiben,
wenn ich mich davor verkroch, unter feuchtem Laub in einem Wald, ging es meinen Depressionen auch wirklich gut.. nur mir nicht!     

Liebe Grüße       
 


 
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