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Jürgens Tagebuch

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Jacky1:
Hallo,


--- Zitat von: Taro am 28.02.2021 10:12:41 ---Eines weiß ich aber gewiss, ich bin Spieler durch und durch. Durch das Spieler sein habe ich gewisse weitere Defizite, die ich im Laufe der Zeit in der SHG bearbeitet habe. Das Spiele angehen muss ich ja erst, wenn ich dadurch ein Problem habe. So war es auch durch meine Depressionen. Sie so genannt habe ich Sie erst, das trotz jahrelanger Trockenheit, und ein tolles Leben das ich wieder habe, eine Depression jeder Zeit für mich Lebensgefährlich werden kann.

--- Ende Zitat ---

Sehr konstruktiv und interessant, allemal wert darüber zu diskutieren.
Ich denke es ist ein Unterschied, als wenn ein Spieler gewissen "negativen" Merkmalen/Eigenschaften unterliegt, die erst durch sein Suchtverhalten entstehen.
Als jene negativen Dinge ja schon immer da waren und quasi zu einem "Beschleuniger" zur Suchterkrankung führten.
Nun kann ich für mich dies kaum nachvollziehen, mit 17 Jahren in die Spielsucht, da bleibt ja kaum zeitlich Raum davor, um eine empirisch psychologische Anamnese zu erfassen.
Aber absolut sicher, meine Spielsucht verstärkte meine Depressionen und negativen Eigenschaften.
Und so glaube ich auch, vieles ist durch meine Sucht erst entstanden.
Vielleicht auch nur weil es halt schon irgendwo immer da war.

Sonst berichten wir doch auch immer über Auslöser, die erst dazu führten spielsüchtig zu werden.
Die Spielsucht "nur" als eigenständige Erkrankung, scheint es gar nicht zu geben.
Könnte jeder spielsüchtig werden ?

Ich hatte schon in meiner frühen Jugend ein enormes Geltungsbedürfnis, dass nun event. von meinem damaligen Umfeld nicht ausreichend "gewürdigt" wurde.
Ich spielte aber auch sehr gerne, gerade wenn es etwas zu gewinnen gab, da war ich immer dabei.
Eine Flucht in das Spielen war es auf jeden Fall, aber vor was ?
Vielleicht war es einfach der bequemste Weg, einfach nur noch spielen.
Dies war für mich irgendwie wie wach sein und dennoch behütet träumen zu können.

Taro, auch nicht so wichtig wie ich Deinen Beitrag nun deutete.
Es steckt unglaublich viel Wahrheit darin.

Im Grunde spiele ich nicht mehr, nicht einmal für mich.
Es sind die lieben Menschen um mich herum.
Das Spielen aber war nur für mich alleine und viele von ihnen blieben immer da.
Nicht weil sie es ja gar nicht wussten, sondern ich es unbedingt wollte und auch dafür sorgte.
Egoist!
Warum auch immer ich süchtig wurde und warum auch immer ich mit dem Spielen aufhörte.
Da spielten andere Menschen schon eine Rolle, beim ersteren gebe ich ihnen aber keine Schuld.
Es sind doch immer Kausalitätsketten, die aus uns dies machen, was wir dann auch werden.
Mit seelischen Narben wird doch keiner geboren, Verletzungen müssen erst zugesetzt werden um dann auch verheilen zu können.
Und das ganze Umfeld steht dabei auch in der Pflicht, alles zu verhindern was verletzt.
Funktioniert halt nicht!
Und am Ende steht der pathologische Spieler dann da und es bleibt im keine andere Wahl, als zu sagen...
ich trage selbst die Verantwortung dafür!

Das Krankheitsbild ist ja bekannt, wo es hinführt usw.
Man muss schon stark sein, um davon sich lösen zu können...keine Frage.
Oder einfach keine andere Wahl zu haben.
Nehmen wir den Narzissten, er entscheidet sich von Heute auf Morgen keiner mehr zu sein.
Dazu müsste er Unmengen an sphärischer Energie aufbringen, um sein Verhalten zu ändern.
Falls dieser spielsüchtig, so würde er sich helfen lassen um seine Sucht zu brechen und dadurch parallel seine narzisstischen Neigungen verlieren.
Aber nur dann, wenn das Ei auch wirklich vor dem Huhn war.   
In Genesis 1 steht aber etwas anderes (Schöpfungsgeschichte).   :)

Wie auch immer, es ist die Gegenwart die zählt und zwar jeden Tag.
Sie entstand immer aus der Vergangenheit.

Schöne Beiträge, danke Andre und Taro.

Liebe Grüße

 

Jacky1:
Hallo,

schon April 2021.....

Schwierig einige Dinge aus der Vergangenheit zu verarbeiten und seinen Frieden damit zu finden.
Ohne sich dabei einfach so mal eine Absolution zu geben, weil man sich ja geändert hat....
Manche Menschen sind so wie sie nun einmal sind, daher auch nicht einfach sie von jeglicher Schuld zu befreien.
Auch keine Ahnung was wirklich in ihren Köpfen vorging.
Weiß es doch eigentlich nicht einmal bei mir selbst.

Zu einfach auch nur sich die Schuld an allem zu geben, das Leben hat ja auch so seine schicksalhaften Stolperfallen.
In meinem Glauben haben nur zwei "Mächte" das Recht darüber zu entscheiden.
Eine davon bin ich in meinem freien Willen und die andere ist derjenige an den ich glaube.
Entscheidend dabei nur, ich befinde mich damit in Einklang.
Und wie nun erkennbar...scheine ich noch etwas fern davon.

Damit kann ich leben, nicht müssen..aber wollen!
Die Tage zu nutzen um immer ruhiger zu werden.

Nicht weil in der Ruhe die Kraft läge...sondern die Erkenntnis!

 :) Der ganze Wahnsinn hat ein System, meinen habe ich selbst entworfen.
Was über Jahrzehnte entstand, kann man nicht an einem Tag entwirren.
..so viele Phrasen im Text.

Alles ist in Ordnung!

Liebe Grüße     
 

Jacky1:
Hallo,

diese ewig währende Spielzeit hinterließ Narben.
Man kann sie erkennen, in vielen Beiträgen gerade der "fleißigeren Autoren" hier.
Mich stimmt dies etwas traurig, diese ganzen Verknotungen der jeweiligen Lebenslinien. 

Natürlich schließe ich mich hier nicht aus, ganz im Gegenteil.

Das Spielen hat mir etwas geraubt , ja geraubt und ich habe es nicht verloren!
Dabei weiß ich nicht einmal ob es vorher (vor meiner Suchterkrankung ) anders war.
Es gibt unzählige schöne Dinge, ich zähle keine von Ihnen jetzt auf.
Aber getan habe ich alles schon!
Egal ob  als Vater, Mann, Mensch ....ich habe es genossen, gefreut oder sonst was halt.
Ehre meine Familie und Freunde, versuche es so gut als nur möglich zu gestallten.
Das alles ist mir auch sehr wichtig und erfüllt mein Herz.....
Gerade in meiner Abstinenz ein wertvolles Geschenk für mich.

Um nun ein einziges mal das Fenster meiner Seele hier einen kleinen Spalt zu öffnen.
Und es ist nicht nur der pure Zitronensaft vor mir (kein schnöder Limocello )  :) der mich erschaudern lässt.
In meiner emotionalen Welt ist ja alles da....dennoch fehlt immer etwas!
Was es auch ist, ob nun durch ein vererbtes Gen oder eingebildet......
dies ist meine Narbe.

Man kann sie kaum sehen, doch erlebte ich in meinem spielfreien leben Momente, an denen ich betrübt gefragt wurde:
" Ich kann Dich wohl nicht wirklich glücklich machen"

Tja, Ich muss da wohl einfach besser werden. :)
Niemand sollte so etwas fragen müssen, doch kam es schon zweimal vor.
Es sind gefragte Selbstvorwürfe, die niemals verrotten in meinem Kopf.
Und meine Fresse bin ich gerade froh, hier halbwegs anonym zu sein.

Klingt alles etwas negativer als es sei, habs  halt einmal geschrieben und gut ist es.
Irgendwas muss ja auch bleiben als pathologischer Spieler, wenn es das Spiel nicht mehr ist.
Diese ganze Welt war mir noch nie genug, aber mehr ist halt auch nicht da.
Bis jetzt habe ich es mir nur so erklärt, halt einen an der Waffel zu haben.
Aber immer mehr kommt in Betracht , ich bin ein "normales Wesen".
Und wer weiß, vielleicht berichte ich eines Tages dann auch so.  :)


Liebe Grüße     
 

Taro:
Mr. Rosi auf der Suche nach dem Glück. Eine Serie aus meiner Kindheit. Diese Suche treibt mich auch schon, seit dem ich denken kann.
Beim spielen hatte ich wohl anfänglich sogar das Gefühl dieses Glück nun endlich gefunden zu haben. Als ich aufhörte mit dem spielen war es zunächst für mich wichtig zumindest immer mal wieder kurze Momente des Glücks zu verspüren, bis zu meinen Rückfällen. Die Rückfälle waren immer getrieben von den Gedanke, ist doch eh jetzt alles egal, aber genau das war es ja nicht. Hatte ich doch zumindest schon wieder so etwas wie den Start in ein neues Leben geschafft. Daher ist dieses Gefühl "ist doch eh alles egal" auch immer getrieben von einer Depression. Was es mir zumindest unmöglich macht 100% sicher zu sein, das das spielen vorbei ist.

Was mich anfänglich tatsächlich meinem Glück etwas näher brachte waren große Ziele, wo ich mich auf einen langen Weg machen musste. Auf dem Weg verspürte ich so etwas wie Glück. Und das zweite waren witziger Weise Unternehmungen wie Urlaub oder Wochenendausflüge mit wenig oder mit keinem Geld. Zwang mich doch die materielle Not mit meiner Umwelt in Kontakt zu treten, ein echtes Abenteuer eben. Ausgang ungewiss sicher war nur, dass es immer weiter gehen muss.

Eintauchen in Eiswasser, dieser Moment wo alles andere seine Bedeutung verliert ausser das hier und jetzt, zweifelslos ein Glücksmomtent. Eine Arbeitskollegin sagt zu mir, ich würde immer den extremen Kick brauchen, das ist wohl so.
Das ist für mich als Spieler wohl grundsätzlich so, und werde ich wohl auch nicht mehr in gänze verlieren.

Das mich zeigen wer ich bin, ohne eine schützende Mauer davor, das ist für mich auch ein Kick. Riskiere ich doch abgelehnt zu werden, mit dem was da sichtbar wird. Das mich zeigen war auch nach Jehren der Abstinenz eine bewusste Entscheidung. Ist doch echtes Leben nur möglich, wenn ich anderen die Möglichkeit gebe mich schwer zu verletzen. Alles andere war auch nur ein Leben als Untoter, ähnlich dem Leben als Spieler.

Taro

Andre12:

--- Zitat von: Taro am 10.05.2021 11:39:07 ---

Das mich zeigen wer ich bin, ohne eine schützende Mauer davor, das ist für mich auch ein Kick. Riskiere ich doch abgelehnt zu werden, mit dem was da sichtbar wird. Das mich zeigen war auch nach Jehren der Abstinenz eine bewusste Entscheidung. Ist doch echtes Leben nur möglich, wenn ich anderen die Möglichkeit gebe mich schwer zu verletzen. Alles andere war auch nur ein Leben als Untoter, ähnlich dem Leben als Spieler.

Taro

--- Ende Zitat ---

Moin

Es ist echt unglaublich für mich, festzustellen was passiert wenn ich mich bestimmten Menschen zeige, vorwiegend die, die mir wichtig sind oder wichtig werden könnten. Jüngstes Beispiel: Einen Tag nach einem offenen Gespräch, bekam ich eine Whats app: " Vielen Dank für Deine Offenheit und Ehrlichkeit, das macht Dich noch sympathischer "  Mir sind fast die Augen rausgefallen beim Lesen.... Oha, was für ein gutes Gefühl. Eine gute Freundin von mir sagte jüngst: " Wer wahre Liebe empfinden möchte, muss eben auch bereit sein eventuell verletzt zu werden"  Mich zu zeigen sehe ich nicht als Spiel um zu schauen wie andere reagieren oder um jdm zu beeinflussen, geschweige ob ich abgelehnt werden könnte, sondern als Normalität. Auch wenn ich oft innehalten muss, wenn ich Fragen beantworte oder Äußerungen von mir gebe, da ich noch oft im Spielermodus Antworten auf der Zunge habe. Stelle aber fest, wie schnell ich denn doch in der Lage bin, wenn es denn sein muss, mich innerlich abzugrenzen, mit ein bisschen Übung... ;) Also das zeigen tut nicht weh, ist nicht schlimm und hilft ungemein zu sehen wer einem gut tut und wer nicht.

Ok, schönen Restmontag für alle...

P.S. Moin Jacky, hoffe ich darf ((durfte, hab es ja nun getan) ( Nachtrag um  15.51 Uhr sehe gerade jetzt sogar mehrfach :D )) in Deinem Tagebuch mein Senf dazugeben??

André

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