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Jürgens Tagebuch

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Jacky1:
Hallo,

Flucht.


Jürgen:
Selbstverständlich wurde ich auch für eine Woche von der Schule verwiesen.
Eine Flasche Sekt,auch an einem Geburtstag,gebührt sich nicht.
Die Obrigen schwelgen gerne in ihrer verlogenen Nostalgie,lachen über ihre alten Streiche und würdigen sich,als wären sie die Hauptdarsteller der "Feuerzangenbowle" (ein alter Film über die Schülerzeit).
Doch Strafen und Sanktionen sind ihr eigentliches Vergnügen.
Meine Eltern sprachen mit mir darüber,sprechen schmerzt manchmal mehr als schlagen.
So war ich also immer wohl behütet in meiner Familie,sie waren großzügig zu mir.

Ich entdeckte Dinge die alles in einem sanftem Lichte spiegelten.
Ein Mädchen.Zu lieben mehr als es ein Erwachsener jemals vermag,stiehlt einem die Zeit.
Wir waren so abhängig voneinander,dass die Zeit ohne Gemeinsamkeit keinen Sinn mehr hatte.
Wir beide planten jedes Treffen bis ins Detail,nur glücklich wenn wir uns sahen.
Ein kritischer Zustand,für uns Beide!
Auch später,nach Jackys erster Hochzeit trafen wir uns,...immer seltener.

Meine Eltern fingen an zu spüren,der "Sklave" schrie nach Freiheit.
Eltern haben es nicht leicht,es gibt kein wirkliches Nachschlagewerk für eine gute Erziehung.
So sind sie ja selbst gefangen,in ihren Gefühlen und Gedanken,Sorgen,Kummer.
Für meinen Stiefvater war ich eine gute Arbeitskraft,man soll sich ja auch helfen.

Eine Schwester bekam ich,sie war immer da für mich.
Sie war nicht so wie ich,sie war so real.Sie liebte ihren Vater sehr,zurecht.
Oft stellte sie sich an meine Seite,ein Vater kann oft seine Gefühle nicht verbergen.
Schreien begleitete eh mein ganzes Leben,ich kannte es ja schon gut,ich hörte nicht mehr hin.
Nie mehr hörte ich hin.

Flucht.     


 
             

Jacky1:
Hallo,

Realität.


Jürgen:
Das Abitur nicht mit links geschafft,mehr Schein als Sein.
Die Ansage meiner Eltern mich nicht zu unterstützen bei einem Studium,im Ohr.
Einen anständigen Beruf zu erlernen,den letzten Gefallen den ich ihnen tat.
Meine Oma bezahlte den Führerschein,einen Wagen,arm war sie nicht,arm war keiner.

Meine erste Frau kennen gelernt,sie war wesentlich älter,ich gerade erst achtzehn Jahre alt.
Zuhause war ich kaum noch,doch eine Wohnung wurde mir dort weiterhin gewährt.
Ich wendete mich ab,von meiner Familie und auch von mir selbst.
Beschreiben kann ich nicht mehr wie ich zum Spielen kam,es hat halt einfach begonnen.

Sicherlich hatte ich auch weiterhin guten Kontakt nach Hause,Anrufe und Besuche zu den jeweiligen Anlässen.
Man sollte so etwas nicht über sich schreiben,doch Jürgen war ein Mensch der niemals an jemanden vorbei gehen konnte,der Hilfe brauchte.Es war im wichtig etwas zu geben,welches er auch immer gerne erfahren hätte.
Ein anständiges Leben wollte er führen,man ließ ihn nicht.

Ab nun hörte ich nur auf Jacky,wir bildeten einen Pakt.
Jürgen sorgte für Dinge wie Freundschaft,Vertrauen und eine Bindung zur realen Welt.
Und ich?
Ich führte ein Leben,dass meines echten Vaters würdig wäre.
Ihre kennt so etwas alles ja,es steht überall in Suchtforen wie diesem.

Als kleines Fazit:
Nicht alles war natürlich schlecht in meiner Kindheit,ich hatte schon auch viel Freude.
Millionen Dinge über mich wollte ich schreiben,eigentlich habe ich nicht einmal damit angefangen.
Doch ich möchte dieses Fenster erst einmal wieder schließen.
Am Tage bevor mein Stiefvater starb,fand ich den Frieden mit ihm,wir beide fanden ihn.
Niemals werde ich jenen Tag vergessen,keinen Tag werde ich jemals vergessen.
Es ist eingeritzt in den Tiefen meines Ichs,wenn man dort verweilt kann man es immer sehen.
Selten bin ich dort,es ist ein heiliger Ort.

Wenn ich eines Tages sterbe,dann bitte in den Wogen des Rheins.
Er spült alles weg,den ganzen Dreck.

Realität.       
 
   
 

Olli:
Frohe Weihnachten!


--- Zitat ---Wenn ich eines Tages sterbe,dann bitte in den Wogen des Rheins.
Er spült alles weg,den ganzen Dreck.
--- Ende Zitat ---

Ich glaube, das willst Du nicht wirklich!
Dienstlich habe ich erst kürzlich zwei Kläranlagen besichtigt.
Die von Bergisch Gladbach und eine von Zweien in Düsseldorf.
Am Ende der Klärung blieb eine leicht gelbliche Flüssigkeit übrig - noch weit entfernt von Trinkwasser - und sie wurde eigeleitet in den Rhein ...
Wie viele Kläranlagen stehen wohl an dessen Ufer?

Entschuldige dieses kleine Intermezzo - eigentlich wollte ich etwas Anderes schreiben:
Vor nicht ganz fünf Minuten habe ich erst aufgehört meiner kleinsten Nichte Rebäckchen (Rebecca) aus Wilhelm Busch vorzulesen.
Da las ich von Max und Moritz, von Paulinchen, Hans guck in die Luft, vom Mohr und vielen anderen Gestalten dieses Genies des 19. Jahrhunderts.

Und als ich so die Anfänge Deines Beitrags nun las, verfiel ich innerlich in die Art zu lesen, wie ich vorher vorgelesen hatte ...

Jacky1:
Hallo Olli,


--- Zitat von: Olli am 26.12.2016 17:01:04 ---Vor nicht ganz fünf Minuten habe ich erst aufgehört meiner kleinsten Nichte Rebäckchen (Rebecca) aus Wilhelm Busch vorzulesen.
Da las ich von Max und Moritz, von Paulinchen, Hans guck in die Luft, vom Mohr und vielen anderen Gestalten dieses Genies des 19. Jahrhunderts.

Und als ich so die Anfänge Deines Beitrags nun las, verfiel ich innerlich in die Art zu lesen, wie ich vorher vorgelesen hatte ...

--- Ende Zitat ---

In der Regel nahmen die Hauptfiguren bei Wilhelm Busch ein grauseliges Ende.
Einst hat man mir auch daraus vorgelesen,geholfen hat es wohl nichts.

".....
Der Vogel, welcher sonsten fleucht,
Wird hier zu einem Tier, was kreucht.

Und Übermut kommt zum Beschluß,
Der alles ruinieren muß.

Er zerrt voll roher Lust und Tücke
Der Tante künstliches Gestricke.

Der Tisch ist glatt ? der Böse taumelt ?
Das Ende naht ? sieh da! Er baumelt.

Die Bosheit war sein Hauptpläsier,
Drum,spricht die Tante,hängt er hier!"

Wilhelm Busch: Hans Huckebein


Liebe Grüße
 

MiLu:
Momentaufnahme, bezugnehmend auf deinen letzten Beitrag fiel mir folgendes ein:

Erste Rosen erwachen,
und ihr Duften ist zag
wie ein leisleises Lachen;
flüchtig mit schwalbenflachen
Flügeln streift es den Tag;

und wohin du langst,
da ist alles noch Angst.

Jeder Schimmer ist scheu,
und kein Klang ist noch zahm,
und die Nacht ist zu neu,
und die Schönheit ist Scham.

zt. von Rainer Maria Rilke 1909

Weiter so, lieber Jackson!


..... Fortsetzung (Suche) gemäß MiLu folgt ....


Liebe Grüße

MiLu

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