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Suchtmittel Geld

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Jacky1:
Hallo,

materielle Dinge waren mir einst immer wichtig, zeigen was man hat und man kann es mir glauben, für einen Spieler der große Summen verspielte war dies nicht so einfach. Wobei an den Automaten und Spieltischen waren alle gleich.
Dies geht für mich nun schon sehr weit, solche privaten Dinge zu schreiben aber es gilt, keinen Ruf zu verlieren.
Es war halt einfach etwas nicht bin Ordnung mit meinem Umgang mit mir selbst.
Den Schein nach außen immer wahren, Scheiße einfach mit Gold zu übertünchen.
Aber nicht wissen wie es nun finanziell weitergehen sollte! 

Verdammte Axt, was bildete ich mir nur da ein ?
Zerfressenes Gedankengut, statt zu würdigen was qualitative Dinge eigentlich bedeuten.
Um sie dann eh wieder zu verschachern.

 


--- Zitat von: Taro am 19.10.2020 23:26:31 ---Wegbrechendes Leben oder Beziehungen kann ich mit keinem Geld der Welt ausgleichen.

--- Ende Zitat ---
Darin liegt der Schlüssel!
Und ich bin sehr dankbar es endlich auch leben zu dürfen.
Mit Respekt und nicht mehr aus dem Blickwinkel eines Blenders!

Das besonders Schöne daran, zu erfahren dass man ja selbst auch ein wertvoller Mensch ist.
Ich sollte dies nie mehr wegwerfen, keiner sollte dies.

Liebe Grüße



Jacky1:
Hallo,

da trage ich noch etwas nach....

Aus dem Casino nachhause zu fahren und sehr viel gewonnen, wenn Glückshormone übersprudeln und den Körper durchfluten.
Allerdings einfach so aus der Sicherheit und frei weiter spielen zu können.....
Kokser werden es kennen, die Anderen erinnern sich vielleicht an ihre Kindheit.. zwei Minuten vor der weihnachtlichen Bescherung.
Jenes Gefühl, ohne Kontrolle ein Schauer der sich schnell wieder auflöst.

Das Traurige daran, egal was ich alles so an freudigen Dingen erlebte...es war anders, dieses Glücksgefühl.
Sie hielten  länger an, aber an Stärke in einem Moment nicht so stark , als nach jenem Gewinn.

Dieser Gedanke war lange in meinem Kopf, diese Erinnerung.
Und jetzt ist er endlich raus, egal ob es irgendjemand liest oder auch nicht.
Ob es jemand versteht oder auch nicht.
Spielsucht kann eine enorme Kraft ausüben, sie ist aber nur "künstlich" und verbiegt den Süchtigen im Empfinden.
Mich macht das traurig, an einst zu denken, nicht einmal für mich...

Liebe Grüße
 



 

TAL:
Schwieriges, und für mich irgendwie komplexes und auch widersprüchliches Thema. Wonach genau bin ich eigentlich 'süchtig', was diente mir nur als Vorwand?

Meine Kollegin sagt oft "Reiche Menschen sind auch unzufrieden. Geld macht nicht glücklich, bei manchen verdirbt es sogar den Charakter. Es ist aber schön, genug davon zu haben, denn das gibt ein Gefühl von Sicherheit.", das ist fast schon sowas wie ein Mantra bei ihr.
Sie hat damit absolut recht, innerlich nicke ich dann immer mit dem Kopf.
Dann fiel mir irgendwann auf, daß diese Aussage von ihr irgendwie im krassen Widerspruch zu dem steht, was sie sonst so über diejenigen zu sagen hat, die ihrer Meinung nach 'überbezahlt' sind, sobald es keiner außer mir hört (Sie verdient übrigens selbst nicht schlecht, arbeitet aber nur Teilzeit). Es vergeht kaum ein Tag, an dem sie nicht zu mir sagt "Bei dem, was der verdient, könnte man doch meinen, er könne mal an sein Telefon gehen.", "Ich mach das bestimmt nicht. Die kassiert doppelt so viel wie ich, und kann nichtmal ne Sendungsnummer googeln.", oder "Der gibt sein Hirn am Tor ab, aber macht ja nichts... unkündbar nach 30 Jahren."
Das kann schon ab und an ziemlich... verbittert klingen.
Heute muß ich also innerlich immer etwas lächeln, wenn sie solche Tiraden von sich gibt. Ich bin froh, daß es mir egal ist, das ist es wirklich. Ich brauche nicht viel, habe immer mehr, als ich ausgeben kann... und bin froh, daß sich meine Welt da heute nur noch auf mich beschränkt. Ganz ohne jegliche Bezugsgrößen. Für mich ist Geld einfach ein notwendiges Übel.

Denn ja, Geld macht nicht glücklich. Oh nein, weiß Gott nicht.
Ich weiß, wie es ist, wenn es keine 'Sicherheit' gibt, weil keine Summe der Welt je 'genug' ist.
Denn egal, wieviel ich zwischenzeitlich auch hatte - ich ging am Ende trotzdem hungrig ins Bett.
Was auch immer passieren mag, heute habe ich diese Sicherheit... und wenn es nur ein gefüllter Kühlschrank und ein paar Münzen in einer kleinen Spardose wären... es wäre ausreichend. Ich brauche nicht mehr als das Gefühl, genug zu haben.

Meine Dimensionen waren kleiner, Protzen war nie mein Ding, aber ich habe auch sehr großen Wert darauf gelegt, daß man mich für finanziell sorgenfrei hielt. Dabei konnte schon ein Kinobesuch für mich zu einem Drama im Kopf werden. Der Schein zählte, aber ich konnte mich nicht auf den Film konzentrieren, ohne daran zu denken, was für eine Verschwendung das hier gerade war... und die Zeit könnte man viel sinnvoller nutzen. Und so beschaffte ich mir Geld, um einen Film anzusehen, der mich nicht interessiert, und dachte währenddessen darüber nach, wie ich an Geld kommen kann, um das wieder reinzuholen.

Das Glücksgefühl, gewonnen zu haben, weitermachen zu können, und die enorme Anspannung, die endlich abfiel, wenn tatsächlich... nichts mehr ging. Die Achterbahnfahrt war zu Ende, das Kribbeln war weg, der Herzschlag wieder normal. Vor der Reue und dem Selbsthaß kam immer diese tiefe Ruhe, die kurze, intensive Leere. Endlich war es vorbei.

Wie krank ist es, den Punkt, an dem man nichts mehr hat, gleichzeitig förmlich körperlich zu fürchten, und ihn innerlich herbeizusehnen?
Das ist für mich das Irritierendste dabei... und trotzalledem manchmal immernoch nostalgisch daran zurückzudenken. Wie schaffe ich es, mir das schönzudenken?

Der Tag, an dem ich plötzlich wieder schuldenfrei war. Ich hatte so lange darauf hingearbeitet. Aber... was jetzt? Was mache ich damit? Trotzdem habe ich meine Nebenjobs behalten, denn was tun mit all der Freizeit? Also letztlich eben... mit mir?
Auch wenn ich das ungern zugebe, aber als ich das erste Mal von Chargeback las... weia... Kopfkino. Da war ich im Nachhinein tief erschrocken über mich selbst, wie sich meine Gedanken verselbständigt hatten.
Ich mag nicht mehr, ich hab genug... hoffentlich für den Rest meines Lebens. Aber frei von Emotionen dem gegenüber bin ich deshalb noch lange nicht. Das geht ganz automatisch. Immernoch.
Auch wenn ich genau weiß, daß das einen Preis hätte, den ich nicht mehr bereit bin, zu zahlen.
Und dabei wäre der finanzielle Verlust noch das kleinere aller Probleme.
Denn 'Ertragen' konnte ich immer schon. Doch weder die Mittellosigkeit, die Schulden oder die Scham darüber haben je langfristig etwas bewirkt bei mir.
Ja, Geld ist mein Suchtmittel, aber es ist schwer zu beschreiben, oder überhaupt zu fassen, was genau ich damit letztlich eigentlich gekauft habe. Eins ist aber ganz tief im Hinterkopf verankert... es fühlte sich irgendwie 'gut' an damals.


Fred:
Offenbar gibt es 2 "Sorten" Spielkranke.

Ich habe in ~30 Jahren Spielsucht nicht ein einziges mal erwartet/geplant/gehofft, mit einem Spiegewinn irgendwelche Schulden zu bezahlen oder Gewinne zu erwirtschaften.
Geld war immer mein "Stoff" ... ein Gewinn ein Zusatzstoff :-)
Ich hatte auch irgendwie nie "größere" Gewinne in der Automatenhalle.
Wenn es denn mal was gab, vermehrte ich die Anzahl der bespielten Geräte ... in der Regel auf alle in der jeweiligen Halle verfügbaren.
Übrig blieb da (fast) nie was ... so gesehen kenn ich  keine "Gewinne"

Was war dann meine Motivation zu Spielen ?
Bei mir war es eine subjektive, tiefe innere Einsamkeit. Ich konnte mich einsam fühlen wann immer ich es wollte.
Und in der Spielhalle war das weg ... wie weggezaubert. Ich saß in einem rosa Nebel .. bis das Geld "alle" war.

Es ist wohl für Außenstehende schwer zu verstehen, aber Geld in dem Sinne hat für mich auch heute noch keine Wertigkeit.
Ich kann es heute gut verwalten und planen was ich dafür bekommen kann.
Aber so richtig gefühlten "Wert" hat es für mich nicht.

Meine "gefühlte" Einsamkeit, vor der ich mich ein Menschenleben lang fürchtete war ungefähr in der Minute verschwunden,
als ich mich entschied nicht mehr zu spielen. Sie kam nie wieder.
Ich konnte mich mit mir selbst beschäftigen.
Stundenlang in einem Raum sitzen ohne irgendetwas stromfressendes zu betreiben. (zu müssen)
Auf Toilette sitzen ohne zu lesen ...

Dass ich mich in einer gefühlten Komfortsituation befinde, soll heissen ich hatte immer gute Arbeit und mich niemals so völlig finanziell ruiniert, betrachte ich als puren Zufall und bin sehr dankbar dafür. Es hätte jederzeit anders sein können.

Was ist Geld ? ...

Jacky1:
Hallo Fred,

es gibt eine Differenz zwischen Münzautomaten und "Jeton - Spielen".
Da bin ich voll bei Dir, was wollte man auch erwarten in einer Spielhalle ?
An fünf Automaten das beste Gewinnbild , gleichzeitig ? Um dann am nächsten Tag locker diesen Gewinn wieder zu verspielen?
Dauernd Münzen nachwerfen und auf den Tasten klopfen, ins flackernde Licht schauen bis es nicht mehr geht.
Der eventuelle Gewinn passte ja eh immer in einen schmalen Geldbeutel, Münzen zählen.

Da ist die Relevanz an einem grünen Tisch wesentlich erwartungsvoller, je nach Einsatz und dem entsprechenden Gewinn konnte man damit wochenlang in Spielhallen verweilen. Eine hunderter Serie ist damit nicht zu vergleichen, denn die Menge an Geld steigert das süchtige Wohlbefinden doch schon etwas.
Aber: 
Erstaunlich, ich war sicherlich mehr in Spielhallen als in Spielbanken.
Die letzten aktiven Jahre fast nur noch.
Und ja, mir wird schlecht wenn ich daran denke und es tut mir auch furchtbar leid für Dich Fred, für mich auch, für so viele.
Genau das empfunden zu haben was Du beschrieben hast.

ich gab in der Spielsucht sogar auf etwas gewinnen zu wollen, niemals in einer Spielhalle.
Dies kam von ganz alleine und ich wusste dies doch sogar!
Und warum sollte ich dann auch noch in Spielbanken gehen, ist doch fucking wie viel ich dort gewonnen hätte, als Spielsüchtiger brauchte ich eh nur Geld zum spielen.
Ohne Geld hätte ich ja gar nicht gespielt, das ist alles übelster Dreck.
Und ich bin etwas erschrocken über die ersten Sätze in meinem Beitrag hier, es zeigt mir auf dass die Entfernung zur Vergangenheit manchmal viel näher scheint, als ich immer dachte.
Willst Du Millionär werden spiele Lotto, willst Du Millionen verlieren geh in eine Spielhalle.
Spielhallen sind der unterste Dreck und absolut, dort geht es nur um das Stillen der Sucht, ohne Perspektiven.
Spielbanken und Co, natürlich auch Lotto würde für einen spielsüchtigen Menschen nur eine einzige Perspektive haben, Geld zu gewinnen um es zu verspielen.
Es ist also egal was man spielt, Hauptsache man konnte es!

Um mich total auf meine Sucht zu fixieren, waren Spielhallen der ideale Ort.
Alles andere war zu aufwendig und zu viel Ablenkung.
Und außerdem nur Illusionen in einem kranken Hirn.

....keine 2 Sorten Fred, nur in der Entwicklung unterschiedlich, das Ende ist ja eh dann hier ...bestenfalls.
So scheiße ich heute auf das verlorene Geld, auf meine verlorene Lebenszeit, mit Wehmut?..sicherlich.
Möchte ich mein Leben wieder wegwerfen weiß ich schon wo ich hingehen müsste, ob mit oder ohne Krawatte ... das Gleiche.
Diese "Grundnaivität" mit Glücksspielen reich zu werden hat nicht einmal etwas mit Spielsucht zu tun.
Und über die aktiven Jahre wird es jeder schon selbst erfahren, nur ein Zeitvertreib .... Lebenszeitvertreib.
Geld hat dann eh keiner mehr.   

 



Grüß Dich     
 

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