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Medeas Tagebuch

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medea888:
Hallo liebes Tagebuch und liebe Mitleser ;)

wenn man Tagebuch schreibt dann fängt man immer damit an zu schreiben,wie es einem geht: mir geht es gemischt, würde ich sagen.
Einerseits bin ich zufrieden, ich habe viel Arbeit, die mir Spaß macht, gehe gleich das erste mal wieder draußen Tennisspielen und war am Wochenende schön mit dem kleinen CabrioFlitzer auf der Rundtour bei sonnigen 7 Grad, bibber. Viel mehr kann man in diesen Zeiten ja nicht erwarten.
So und nun ist immer die Frage, darf man auf dem Niveau überhaupt noch andere Gefühle haben, als Zufriedenheit? Das fällt mir immer schwer, ich drücke dann die schlechten Gefühle weg, weil ich denke, man es geht Dir doch gut.
Aber emotional geht es mir manchmal eben nicht so gut, mir fehlt der Austausch mit meinen engsten Freunden, mir fehlt Geselligkeit und mir fehlt meine zweite Heimat Italien.... und all das darf ich empfinden oder?

Letzte Woche war ich wieder in der Therapie, eine anstrengende Sitzung, es ging um SelbstAttribution (https://www.pschyrembel.de/Selbstattribution/P04V1) .
Bedeutet wie gehe ich mit mir selbst um, hier ein Beispiel was für Typen es gibt: zwei Schüler treffen sich auf dem Schulhof und haben beide eine 6 und eine 1 im Zeugnis: der 1. sagt bei der 6 " Menno, die Lehrerin ist aber auch so gemein zu mir" der andere Schüler sagt  " oh, da habe ich mich wohl nicht genug angestrengt". Nun die 1 der eine sagt: " wusste ich doch, ich bin der Beste und kann alles" der andere sagt " oh, da hatte ich aber Glück bei den Aufgaben"
So unterschiedlich kann eben Wahrnehmung sein.
Ich neige oft dazu, immer die Schuld, wenn Dinge falsch laufen, vor allem in emotionalen Dingen, bei mir zu suchen, wenn mir aber Gutes widerfährt, dann sehe ich oft nicht, was ich selbst auch dafür geleistet habe.
Ich frage mich, woher das kommt, warum habe ich mich so entwickelt?
Ich glaube das liegt daran, dass ich mich immer gekümmert habe, durch die Alkoholkrankheit meiner Mutter war ich früh darauf angewiesen alles selbst zu machen und den Schein zu wahren, ich glaube das hat bei mir, obwohl ich das immer wieder abstreite, Spuren hinterlassen.
Ich habe mich erst vor wenigen Jahre endgültig von meiner Mutter innerlich distanziert und aufgehört mich um Sie zu Sorgen. Jetzt merke ich langsam, wie gut das getan hat und wie unglaublich wichtig das auch war.
Ich glaube nicht, dass ich mich noch grundsätzlich ändern kann, aber ich werde weiter versuchen mich kennen zu lernen....und meine Selbstattribution mehr beobachten.
oh, das ist jetzt lang geworden...
Dennoch noch ein Episode aus dem Bereich Spielsucht:
Also ich bin spielfrei, denke auch fast nie daran.
Vor einigen Tagen war ich an der Tankstelle, vor mir war ein älterer erkennbarer armer Alkoholiker, der sich eine Flasche Vodka kaufen wollte ( nie verstanden warum die den teuren Alk in der Tanke holen anstatt im Supermarkt) naja und er hatte dann nur noch Geld für so eine kleine Flasche.
Ich hab ihm dann hinterhergeschaut und gedacht, man armer Kerl, lass Dir doch helfen, das ist doch kein Leben
Und dann wie ein Blitz, habe ich mich selbst gesehen wie ich noch vor 492 Tagen an dieser Tankstelle ein von diesen Wertmarken für Internet gekauft habe, nur um dann schnell heimzufahren und die 50 Euro vermutlich in 4 Minuten in einem Online Casino zu verspielen.
Ich bin so froh, dass ich mir Hilfe genommen habe und ich werde auch weiter jeden Tag darum kämpfen, nie wieder an dieser Tanke mit diesem Gefühl von Sucht zu stehen.
Danke für Zuhören und allen einen sonnigen schönen Tag.
Eure Medea

Cassie:
Guten Morgen,
die Therapiestunden sind sehr wertvoll. Ich war in dieser Woche zu meinem Erstgespräch in einer Suchtklinik. Dass war auch sehr anstrengend. Die kommende Therapie wird mir Antworten darauf geben können, warum ich spielsüchtig wurde. Bei mir spielt die Vergangenheit eine große Rolle, inder mich jeder als taffe Frau gesehen hat. Warum? Ich habe immer mehr auf mein gesamtes Umfeld geachtet, wenig bis gar nicht auf mich selbst. Wir neigen oft dazu zu sagen, dass es uns gut geht, was aber nicht immer so ist. Oft schauen wir kritisch auf Alles, was nicht gut läuft. Loben wir uns für eine gute Aktion?
Was ich damit sagen möchte ist, dass es wichtig ist auf sich zu achten und ganz besonders dann, wenn es einem nicht gut geht. Schön ist es dann, wenn jemand da ist, den ich mich anvertrauen kann. Ich verstehe deinen Beitrag sehr gut.
Lieben Gruß
Cassie :)

medea888:
Hallo,

schon wieder einen Monat nicht geschrieben.
Da sitze ich dann hier und überlege, wie der Monat war.
Einerseits, gut, ich habe immer mehr das Gefühl ich komme an irgendwas ran, an mich, ich bin oft bei mir und denke nach, nehme mir auch die Zeit dafür. Bei meiner letzten Therapiesitzung ( und es sind leider nur noch wenige, dann muss ich alleine klar kommen) ging es darum, ob ich glaube dass ich an meinem Verhalten schon was geändert habe, ursprüngliches Ziel waren 3%. Das wäre schon super. Meine Meinung dazu war, es ist immerhin 1% . Und das ist das, dass ich wenigstens jetzt merke, wenn es mir nicht gut geht oder ich nicht genug auf mich aufpasse.
das habe ich im letzten Monat leider zu wenig, auf mich aufgepasst.
Habe mich zu sehr in die Arbeit und Ablenkung gestützt und zu wenig in mich reingehört.
Und wenn ich dann mal reingehört habe, dann hab ich das traurige einfach weggedrückt.
Schwarze Wolken hatte ich das letzte mal im letzten Jahr, das ist für mich schon wirklich gut.
Dennoch ist es bewölkt und alles fühlt sich gerade schwerer an. Das Lachen, das Atmen, das Aufstehen und selbst das Schlafen.
Alles leicht anstrengend.
Wenn ich den Mut hätte würde ich mich verkriechen
Wenn ich richtig mutig wäre, dann würde ich um Hilfe bitten.
Für beides fehlt mir die Kraft.
Also aufstehen, Krönchen richten und weitergehen.
Aber ich sehe mich und weiß, das ist das, was ich noch ändern will. Zeigen zu können, dass es mir nicht gut geht. Nicht die fröhliche immer für alle da zu markieren, sondern auch mal zu sagen, ich bin traurig und muss gerade mal traurig sein dürfen.
Ich träume sehr viel, ich weiß nicht, ob das was mit verarbeiten zu tun hat.
fast 1,5 Jahre beschäftige ich mich jetzt mit meiner Sucht und mit dem was dahintersteckt.
Vielleicht ist es auch Ok, mal müde zu sein?
Und schon will ich wieder schreiben, ach quatsch, geht mir doch gut.......
So viele Gedanken schon an einem Montag. Das kann ja eine nette Woche werden.
Danke für Zuhören liebes Tagebuch und Ihr da draußen und bis bald
Eure Medea

medea888:
Hallo Tagebuch,

ich will mal wieder ein Lebenszeichen von mir geben.
Ich gebe zu, als dumm bezeichnet zu werden, auch wenn es sicher mit einem Zwinkern gemeint war, hat mich abgehalten hier weiter zu schreiben, deswegen die Pause.

Ich habe weiter mitgelesen, auch wenn es momentan im Forum ruhig ist, und war natürlich auch weiter bei der Therapeutin und natürlich bin ich spielfrei und das ohne jegliche Mühe.
Mit den Hintergründen meiner Sucht beschäftige ich mich weiter, also mit meinem Selbstverständnis, mit meinen zu hohen Ansprüche an mich selbst und meine Leistungen vor allem bei der Arbeit.
Mit kleinen Schritten merke ich, dass ich mehr loslassen kann und Dinge auch mal einen Tag länger liegen lasse, was mir vor einem Jahr noch unmöglich war.
Ansonsten versuche ich die teilweise zurückgewonnene Freiheit in der Pandemie mit der zusätzlichen finanziellen Freiheit durch das "nicht spielen" zu genießen.
Spielen tue ich statt dessen viel Tennis und mache kleine Reisen.
Gesundheitlich scheine ich etwas angeschlagen, was sich in häufiger totaler Müdigkeit trotz gutem Schlaf äußert, hier werde ich wohl oder übel mal einen Arzt besuchen ;)

so mein kurzer Stakkato Bericht für heute.

Immer noch in tiefer Dankbarkeit für den Tag an dem ich entschieden habe, meinen Weg nicht mehr von einer Sucht bestimmen zu lassen.
Bis bald
Medea

TAL:
Nein, als "dumm" hast du sie nicht bezeichnet. Ich kann ihre Reaktion trotzdem irgendwie nachvollziehen.

Aber dieses Faß erneut aufzumachen würde wohl kaum zu neuen Erkenntnissen führen.

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