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Autor Thema: Spaß am Spielen

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Spaß am Spielen
OP: 20.06.2019 16:50:24
Ich klaue mal Ollis Beitrag /Idee aus einem anderem Forum:

Wie hast du den "Spaß am Spielen" empfunden, sofern denn überhaupt "Spaß " dabei war.
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Re: Spaß am Spielen
#1: 20.06.2019 17:07:31
Dann will ich doch mal gleich was dazu schreiben :)

Ich war 100% Automatenspieler und das Spielen
* vertrieb meine Langeweile
* besorgte mir "Pseudo"-Freunde
* verschaffte mir "Pseudo"-Anerkennung
* stärkte mein Selbstwertgefühl

Ich empfand während des Spielens
* inneren Frieden
* Sorgenfreiheit
* große Ruhe
* Erleichterung, wenn sich durch "Gewinne" Verluste reduzierten


So richtig Spass gemacht im eigentlichen Sinne hat mir das Spielen irgendwie nie ... bestenfalls erzeugte es "Spannung"
Desto unverständlicher warum ich > 30 Jahre "treu" dabei blieb.
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O

Olli

Re: Spaß am Spielen
#2: 20.06.2019 19:24:54
Hi!

Ich hatte dazu geschrieben:

Ich habe schon als Kind mitbekommen, wie mein Vater, als ich schon im Bett lag, freudestrahlend aus der Kneipe kam mit bei jedem Schritt klimpernden Münzen in den Hosentaschen.
"Ich hatte eine Serie ..." erzählte er dann euphorisch meiner Mutter.

Als Jugendlicher waren gerade die Telespiele in. Daran konnte ich mich stundenlang beschäftigen.
Eine der Orte, an denen ich in den Genuß dieser Spiele kam, war eine Frittenbude.
Und dort - wie konnte es anders sein - hing ein Automat.

Mein Freundeskreis empfand das Gleiche zu den Telespielen und so trafen wir uns nicht nur im Freibad, einem Schallplattenladen, wo auch so ein Teil stand, sondern auch eben in dieser Frittenbude.
Einer meiner Freunde war etwas älter als ich und durfte dadurch auch eher an das Gerät.

Für Kinder war es verboten und für uns heranwachsende Erwachsene hatte es den Reiz des Neuen.
Also schaute ich zu und kaum 18 Jahre alt, landeten die ersten DM in dem Automaten.
In einer Kneipe, die neu eröffnete, trafen wir Freunde uns dann nicht nur zum Darten - wir haben an den dort aufgehängten Automaten gespielt.

Ja - es hatte Spaß gemacht. Damals hing ich zwar schon viel vor den Kisten, doch es war noch nichts wirklich problematisches daran.

Ich ging arbeiten, hatte mehrere eher sporadische Nebenjobs und lebte bei meinen Eltern, bei denen ich mich an den Kosten beteiligte.
Es war zwar schon viel dort zu bezahlen, doch es blieb auch weit mehr übrig, als wie wenn ich eine eigene Bude gehabt hätte.

Dann lernte ich einen Tankwart in der Kneipe kennen - ihr könnt Euch denken, bei welcher "Freizeitbeschäftigung".
Wir trafen uns fast täglich. Und so kam es, dass ich die Welt der Spielhallen durch ihn erkundete.
Ich hatte einen kleinen Fiesta und so waren wir mobil.
Auch Spielhallen hatten derzeit ihren Reiz.
Das abgedunkelte Ambiente, glitzerndes Inventar - blitzblanke Automaten, derren Lichtspiel sich auf alles warf, was irgendwie reflektierte.
Damals wurden noch Getränke "kostenlos" verteilt, sowie z.B. Baguettbrötschen.
Ich gehörte so schnell der elitären Rige der "Zocker" an.
Dort fühlte ich mich wohl, dort fühlte ich mich aufgehoben.
Wie es wohl jeder kennt, wurden die Verluste verdrängt und Gewinnphasen überdeckten alle weiteren Erinnerungen.
In diesen erfuhr ich Anerkennung bei den anderen Spielern und den Aufsichten.
Ich fühlte Bestätigung in dem, was ich da tat.
Für mich wurde das Spielen zum Symbol für Freiheit.
Niemand konnte es mir nehmen und niemand konnte es mir schlechtreden.

Selbst als ich das erste Mal meine Miete nicht zahlen konnte mit Mitte 20, weil das Geld am Tag des Gehalteingangen komplett in den Automaten versunken war, ließ ich mich nicht davon abbringen.

Auch wenn meine Eltern das Thema Sucht nicht akzeptieren konnten, so haben sie doch alles getan um mich zu schützen.
Und so bin ich nie in einen Schuldenstrudel geraten.
Ja, auch ich habe einmal einen Kredit aufgenommen, habe einen Betrug begangen, habe mir mein Bausparguthaben auszahlen lassen.
Doch zumeist habe ich "nur" mein Konto maßlos überzogen.

Durch ein ansatzweises Geldmanagement gab es daher auch viele Phasen, in denen ich wenigstens so tat, als würde ich nicht spielen.
Einen Teil meiner Nebentätigkeiten übte ich nämlich heimlich aus,

Ach was war ich damals nass ...

Schon während ich in den letzten Zügen des zeichnens eines Lageplanes lag, durchströmte mich die Vorfreude auf das Spielen.
Ich konnte es kaum erwarten, den Plan abzugeben und das Geld hierfür in Empfang zu nehmen.
Oft saß ich dann auf der Arbeit wie auf glühenden Kohlen und sehnte mir die Mittagspause herbei.
Ich flog regelrecht zu meinem Auto und schwebte in Windeseile damit hinter die nächste Spielhalle, um dort mein Auto zu verstecken.

Im Grunde erlebte ich die selben Gefühle, als wie wenn ich permanent alle möglichen Automaten hochgedrückt hätte.

Das wurde dann aber auch zum Problem - ich ging nur noch spielen, um mich zu fühlen.
Lange habe ich das durch den Freiheitsirrglauben verdrängt.
Doch irgendwann nach fast 20 Jahren befriedigte mich das Spielen nicht mehr.
Stattdessen drängten sich mir Fragen auf.
Wieso machst Du das eigentlich?
Soll so Dein restliches Leben aussehen?
Was hast Du bisher erreicht?
...
Und auf die Frage, ob mich das Spielen noch glücklich machte, wusste ich nur ein "Nein" zu antworten.
Trotzdem spielte ich noch weiter ...

Doch um spielen zu können, musste ich auch lügen. "Wo kommst Du her?"
Wie aus der Pistole geschossen brabbelte ich irgendeine Lüge auf.
Ein Automatismus, den ich durch Üben erst wieder ablegen lernen musste.
Ich wollte das nicht mehr - konnte mir im wahrsten Sinne des Wortes im Spiegel nicht mehr in die Augen sehen.

Am 30.06.06 war ich das letzte Mal spielen. Eine Minute nach Mitternacht, also am 01.07.06, stand ich vollkommen blank vor der Halle.
Aus Spaß war Ekel geworden - Ekel vor mir selbst.
Und so wiederholte ich das Versprechen, welches ich schon so oft gebrochen hatte.
Doch es gab einen gravierenden Unterschied - mein Abstinenzwunsch kam aus tiefstem Herzen ...
Daran hat sich auch dank SHG und den Foren nichts geändert.
Im Gegenteil - er wurde verstärkt.

LG
Olaf
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Re: Spaß am Spielen
#3: 20.06.2019 21:04:14
Ich flog regelrecht zu meinem Auto und schwebte in Windeseile damit hinter die nächste Spielhalle, um dort mein Auto zu verstecken.
Im Grunde erlebte ich die selben Gefühle, als wie wenn ich permanent alle möglichen Automaten hochgedrückt hätte.

Eines der wenigen Gefühle die ich mir noch vergegenwärtigen kann.
Diese immense Euphorie wenn ich Geld zum verspielen hatte, niemand es wusste und niemand nach meinem Verbleib fragen würde.
Das war zwar sehr selten, aber ein Gefühl wie man es in einem "normalen" Leben wohl nie haben wird.

Ich konnte dann mein "sonstiges" Leben komplett ausblenden ... wie im Rausch ... wohl im wahrsten Sinne des Wortes.

Daher kann ich deine Gefühle wie beschrieben sehr, sehr gut nachvollziehen.
Du hast es sehr treffend beschrieben.
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Re: Spaß am Spielen
#4: 20.06.2019 21:12:29
Dann will ich doch mal gleich was dazu schreiben :)

Ich war 100% Automatenspieler und das Spielen
* vertrieb meine Langeweile
* besorgte mir "Pseudo"-Freunde
* verschaffte mir "Pseudo"-Anerkennung
* stärkte mein Selbstwertgefühl

Ich empfand während des Spielens
* inneren Frieden
* Sorgenfreiheit
* große Ruhe
* Erleichterung, wenn sich durch "Gewinne" Verluste reduziertem


So richtig Spass gemacht im eigentlichen Sinne hat mir das Spielen irgendwie nie ... bestenfalls erzeugte es "Spannung"
Desto unverständlicher warum ich > 30 Jahre "treu" dabei blieb.

Das kann ich fast so unterschreiben, obwohl Spaß hatte ich nie wirklich, für mich war es ein Rückzugsort für Ruhe, obwohl es eher Unruhe verursacht hat.
Und Gewinne haben mich nie wirklich befriedigt, der letzte große Gewinn war der Zeitpunkt des Beginn eines Umdenken, hat zwar noch drei Monate gedauert und erwischt werden aber der Beginn. Ich weiß noch heute genau die Riesensumme auf dem Bildschirm und ich hab mich gefragt warum freust du dich jetzt nicht wirklich?
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Wer Rechtschreibfehler oder ähnliches findet, darf sie behalten.🙈
 

Re: Spaß am Spielen
#5: 20.06.2019 21:16:02
Das kann ich fast so unterschreiben ...
...  und ich hab mich gefragt warum freust du dich jetzt nicht wirklich?

Es verbindet wenn man feststellt, dass man nicht der einzige Schwachkopf auf der Welt ist :)
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Re: Spaß am Spielen
#6: 20.06.2019 21:31:52
Schwachkopf? Ich weiß nicht, es ist halt so.... Wer weiß wozu diese Phase gut war? Würde ich jetzt auch so bewusst ohne leben? Wäre meine Ehe jetzt auch besser? Fragen über Fragen :o
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Wer Rechtschreibfehler oder ähnliches findet, darf sie behalten.🙈
 

N
Re: Spaß am Spielen
#7: 15.08.2019 15:05:33
Spaß am Spielen? So empfand ich es:

Es war ein absolut berauschendes, befriedigendes, mit nichts anderem vergleichbares Freude- und Glücksgefühl (das nach längerer Abstinenz von z. B. 3 oder 4 Tagen -was aber kaum vorkam- noch intensiver war), sobald ich in meiner Stamm-Halle den ersten 20er in den Automaten warf und mein Lieblingsspiel auswählte!

Ebenfalls absolut euphorisch und berauschend fühlte ich mich, wenn ich feststellte, dass die Spielautomaten wieder neue Spiele anboten.

Ich habe nie Drogen (außer Alkohol) im Leben genommen, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass man "auf nem Drogentrip" ähnlich empfindet. Ja, so könnte man es formulieren, ich war jedesmal -zumindest während der ersten paar Minuten- "auf nem Trip"  :D

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F

Frank

Re: Spaß am Spielen
#8: 23.08.2019 16:50:54
Dann will ich doch mal gleich was dazu schreiben :)

Ich war 100% Automatenspieler und das Spielen
* vertrieb meine Langeweile
* besorgte mir "Pseudo"-Freunde
* verschaffte mir "Pseudo"-Anerkennung
* stärkte mein Selbstwertgefühl

Ich empfand während des Spielens
* inneren Frieden
* Sorgenfreiheit
* große Ruhe
* Erleichterung, wenn sich durch "Gewinne" Verluste reduzierten


So richtig Spass gemacht im eigentlichen Sinne hat mir das Spielen irgendwie nie ... bestenfalls erzeugte es "Spannung"
Desto unverständlicher warum ich > 30 Jahre "treu" dabei blieb.



Du hast falsch gespielt Fred, du warst nur dafür da um die Geräte aufzufüllen, damit die anderen gewinnen können.

Spaß beiseite ;D

Das nehme ich dir nicht ab das du nie Spaß verspürrt hast.

* inneren Frieden
* Sorgenfreiheit
* große Ruhe
* Erleichterung, wenn durch "Gewinne"

Das habe ich auch alles empfunden.

Dazu kam aber noch Spielspaß, Adrenalin

Wenn es richtig gut lief über (1000?), konnte Spielen auch ähnlich wie Kokain wirken.(Hab ich gehört)


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« Letzte Änderung: 23.08.2019 21:49:21 von Frank »
 

Re: Spaß am Spielen
#9: 23.08.2019 20:58:13
Hallo,

für einen Spielsüchtigen kann nicht mehr von Spass`(kein scharfes s auf meiner Tastatur) ausgegangen werden.
Freude empfinden in seiner Suchtausübung ?

Naja, zu 20% war wohl auch ein "Spassfaktor" dabei, für einen 100%tigen Idioten wie mich.  :)

Lag aber nur daran:
Befriedigung, Erleichterung kann einen leicht täuschen.

Liebe Grüsse


     
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