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Autor Thema: Ich "spiele" nicht mehr mit..

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Ich "spiele" nicht mehr mit..
OP: 09.04.2018 15:27:42
Hallo liebe Forum- Gemeinde,

ich habe die letzten Minuten verbracht viele der Beiträge zu lesen und möchte mich trauen meine Geschichte hier zu erzählen. Ich frage mich selbst mit welcher Intention ich das tue? Ich glaube es würde mir gut tun Kontakt zu Menschen zu finden, die ähnliches erleben und erlebt haben. Ich hatte ehrlich gesagt gehofft irgendwo im Netz auf einen Chat zu treffen, indem ein direkter Austausch möglich wäre, aber in dem Chat hier, scheine ich gerade die Einzige Anwesende zu sein. Liegt vllt an der Uhrzeit oder am schönen Wetter? ;)

Zu mir- oder uns..: ich lebe seit 4 Jahren mit meinem Freund zusammen seit ca. 3 Jahren weiß ich von seiner Spielsucht. Und ganz ehrlich? Am liebsten würde ich diese Läden, jeden einzelnen, selber einstampfen. Es ist ein stetiges bergauf und bergab, wie wohl bei sehr vielen. Bis ich von der Spielsucht erfuhr haben viele Lügen die so frische Beziehung geprägt. Fakt ist, er ist spielsüchtig, ist aber nicht gewillt etwas dagegen zu unternehmen. Ich habe ihn zur Suchtberatung begleitet, die er nach dem 2 Treffen abgebrochen hat. Den zweiten Versuch starteten Wir, oder wohl eher ich (?), Mitte letzten Jahres. Aber auch hier blieb es bei 2 Treffen. Nach dem zweiten Treffen kam er stolz nach Hause und sagte mir: "Ich hab dem von der Beratung erzählt, dass ich nur hier bin, weil ich es dir zur Liebe mache und der Berater sagte, dass müsse er so in den Therapieantrag schreiben und so würde die Kasse sowieso keine Therapie zahlen!". Und das alles mit einem grinsen im Gesicht. Ich hätte Ihm in dem Moment am liebsten seinen Koffer in die Hand gedrückt. Doch was soll ich sagen? Ich bin immer bei ihm geblieben, obwohl sein Spielverhalten mittlerweile in den letzten 2 Jahren bestimmt insgesamt einen 5-stelligen Betrag verschlungen hat? Ich habe alles versucht. Seine Bankkarte an mich zu nehmen um danach wochenlang Machtspiele mit ihm zu spielen. Immer viel ihm irgendetwas ein um seine Karte wieder in den eigenen Besitz zu bekommen. Das begann beim trotzigen Verhalten eines Kleinkindes :"Das ist aber meine Karte! Hör auf mich zu bevormunden!" bis hin zu : "Ich muss noch ein Päckchen wegbringen und habe kein Bargeld mehr in der Tasche!". Es war immer der gleiche Ablauf. Irgendwann wurde ich müde. Unheimlich müde überhaupt noch irgendwas zu erwarten. Ich resignierte. Ich versuche kurz mein Jahr 2018 darzustellen, dass sich nicht viel von den 2 Jahren zuvor Unterschied, außer dass die Hoffnung mit Jedem Rückfall geringer wurde: Wir vertrugen uns, er versprach Besserung, aber "natürlich" brauchte er keine Therapie, denn solange es keinen Streit zu Hause gibt, sei alles in Ordnung. Aber wollte ich das? Ihn in Watte packen? Ich bin junge Mutter einer 6 Jährigen Tochter, bin Krankenschwester auf 450 Euro Basis und mache dazu ein Vollzeitstudium auf Lehramt. Mein Jahr wurde also begleitet von einem Kontrollzwang und jede Minute die er später nach Hause kam wurde analysiert. Ich stand ständig zwischen zwei Stühlen: bloß keinen Streit provozieren, um das Risiko zu senken, dass er spielt oder einfach mal explodieren und ihm mit dem Gesicht in die Trümmer drücken, die er gerade geschaffen hat? Ich zog aus, zog wieder ein, zog wieder aus, zog wieder ein. Ich übernachtete bei meinen Eltern, bei Freunden und in Ferienwohnungen, ich heulte und schrie, im nächsten Moment kehrte ich zurück und bot ihm wieder meine vollste Unterstützung an. Ich fühlte mich wie ein Flummi, der ständig nur sprang und keinen Ort fand an dem er mal zur Ruhe kommen konnte!
Der jetzige Stand: ich habe eine Therapeutin aufgesucht, weil er mir einredete "DU bist die gestörte von uns beiden, nicht ich!". Ich ging also zur Sitzung und heulte, ich glaube sie hat kein Wort verstanden in den ersten 60 min. So ist es auch jetzt, nach der 3. Sitzung, immer noch. Nach der 1. Sitzung nahm ich mir schon ein Herz und signalisierte ihm, das wir nicht länger ein Paar sein werden, nachdem er mir wieder deutlich zu verstehen gab, dass er KEIN Spielproblem hat und alles kontrollieren kann und natürlich jederzeit aufhören kann. Wir wohnen zusammen. Er weigert sich auszuziehen. Und jetzt stehe ich hier und habe (vermutlich viel zu lang) meine Geschichte erzählt. Die nur einen Bruchteil von dem enthält, wie das Leben mit einem Spielsüchtigen Menschen wohl tatsächlich aussieht.

Viele Grüße,
Wolke
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Olli

Re: Ich "spiele" nicht mehr mit..
#1: 09.04.2018 15:55:28
Hi Wolke!

Nach der kurzen Begrüßung im Chat nun auch ein herzliches Willkommen hier im Forum von mir!

Ja ... ja ... <seufz> ... Deine Geschichte lese ich so oder in leicht abgewandelter Form fast täglich.
Dabei war ich selbst einmal aktiver Spieler und habe ebenso ähnlich reagiert, wie Dein Freund.

Das Spielen "gehörte" mir. Niemand durfte sich daran vergreifen.

Nun ... heute leide ich mit den Angehörigen mit.

Viel hast Du bereits versucht um Deinem Freund zu helfen.

Wieso eigentlich?

Naja, ich denke mir, dass Du auch Ziele und Wünsche hast, die mit einem Spieler nicht zu realisieren sind.

Vor etlichen Jahren hat einmal ein Spieler (Dieter G.) einen wunderschönen Beitrag verfasst: Das Herz und der Verstand!
Leider wurde das Forum geschlossen und ich bekomme den Text aus der Erinnerung nicht mahr zu Papier.
Er handelte von dem Zwiespalt eines Spielers. Auf der einen Seite die Liebe zu seiner Liebsten - auf der anderen Seite der Liebe zu den Automaten. Auf beiden Seiten mischten sich logische Erklärungen etc. ein.

Auch Du haderst mit logischen Erwägungen und Deinen Gefühlen - nicht wahr?

Dadurch drost Du zwar permanent Konsequenzen an - setzt sie halbherzig durch und gibst am Schluss nach.

Ein Spieler spielt nicht nur am Atomaten - er spielt hauptsächlich auch im wahren Leben mit sich und damit auch mit denen, denen er sehr nahe ist.
Deine Erzählung unterstreicht dies. Die Aussage der Therapeutin gab ihm "Macht" über Dich.
Im Grunde gab es ihm auch die "Erlaubnis" weiter zu machen wie bisher.

Aber Du - Du hast auch "Macht" - Macht über ihn.
Das funktioniert aber nur, wenn Du absolut konsequent bist.

Ich hoffe, dass Deine Therpautin Dir Deinen Wert verdeutlichen kann.
Denn Du bist wichtig - Deine Bedürfnisse sind wichtig!
Du brauchst nicht jedes Mal zurück zu stecken - ja um was eigentlich zu retten?

Dein Freund hat sicherlich auch positive Seiten - keine Frage.
Doch stellst Du Dir so eine Beziehung vor?
Mit Lügen? Mit Machtspielchen?

Es ist seine Verantwortung sich um seine Sucht zu kümmern.
Macht er das nicht, dann ist es an Deiner Verantwortung ihm auch Grenzen aufzuzeigen, die sowohl Dich als auch Dein Kind schützen.
Und wenn es eben anders nicht geht, dann eben mit Trennung.
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Re: Ich "spiele" nicht mehr mit..
#2: 10.04.2018 08:20:51
Guten Morgen Wolke,

sehr schön, einen Beitrag von dir heute morgen von dir zu lesen. Sei Willkommen hier bei uns im Forum!

Dein Titel sagt schon vieles! Du möchtest nicht mehr Teil von (Macht)-Spielchen sein, du willst endlich wieder vernünftig leben! Das ist dein gutes Recht wie ich finde!

Zunächst sei mal gesagt, dass es sehr löblich von dir gewesen ist, versucht zu haben, ihm einen Weg aus der Sucht zu ebnen. Du hast viel Energie aufgewendet, ihm zu helfen. Was hat es gebracht? Nichts, bis auf Schuldvorwürfe seinerseits an dich! Solange er nicht Willens ist etwas gegen seine Sucht zu unternehmen, bzw. solange er selbst nicht erkannt hat, ein Problem mit dem Spielen zu haben, bist du machtlos gegenüber seiner Krankheit. Und je mehr er sich im Strudel des Spielens verliert, desto weniger Zeit und Liebe wird für dich übrig bleiben, dies nur mal als Warnung!

So ist es dein gutes Recht und vor allem Richtig zu sagen, "ich spiele nicht mehr mit!"

So machtlos du gegenüber seiner Sucht bist, desto mehr hast du Macht über dein eigenes Leben und deine eigenen Entscheidungen. Es spricht nichts dagegen einem geliebten Menschen eine zweite oder dritte Chance zu geben, jedoch kommt irgendwann eine Grenze, bei der dann konsequente (objektive) Entscheidungen getroffen werden müssen, auch wenn diese schwer fallen. Es ist wie bei der Kindererziehung. Da tue ich mir auch immer schwer, meine angedrohte Konsequenzen umzusetzen, was dann dazu führt, dass meine Kinder meine Drohungen nicht mehr ernst nehmen und quasi ein Freilos haben.
Du trägst Verantwortung für dich und für deine kleine Tochter, willst du, dass er eure Zukunft verspielt, eure Vertrauen missbraucht und euch ständig hintergeht - sicherlich nicht! Eine Trennung auf Zeit kann auch zu einem Umdenken führen!
Ich kenne dich nicht persönlich, aber dennoch sage ich dir, du bist nicht die gestörte von euch beiden! Blicke auf dein Leben und lebe es - sag "JA" zum DEINEM Leben! Entziehe dich, seiner Macht und blicke für dich nach vorne, evtl ändert sich dann auch etwas für ihn. Wenn nicht, ist er verloren, solange bis sein Umdenken einsetzt. Dies kann lange dauern oder eben nie!

Ich drücke die Daumen, dass sich vieles für euch zum Guten wendet!

Bleib wachsam, Spieler sind Meister im Tarnen und Täuschen!

aT
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Re: Ich "spiele" nicht mehr mit..
#3: 10.04.2018 11:08:04
Guten Morgen,

ich bin sehr dankbar für die netten und aufbauenden Worte, die ich heute Morgen hier lesen durfte! Der Mensch ist schon ein komisches Gebilde, dass man immer wieder die Sicht von Außenstehenden braucht, um in solchen Situationen nicht den Kopf zu verlieren. Bei jedem einzelnen Satz von Euch habe ich gedacht "JA! Genau so ist es!".

Ja, wieso eigentlich? Weil ich ihm helfen wollte, wie es wohl jede Frau tun möchte, die ihren Mann liebt. Schade, dass der Beitrag von Dieter G. nicht mehr verfügbar ist, bin zur Zeit für jeden Input, den ich aus Sicht eines "Spielers" oder "Ex-Spielers" bekommen kann, dankbar. Ich war sehr lange und zu lange inkonsequent und bin jetzt soweit ihm ehrlich und direkt sagen zu können, dass ich jetzt gehe und er damit durch das Spielen seine Frau und Familie verloren hat. Ich stelle ihn vor keine Entscheidungen mehr, weil er nicht fähig ist sich zwischen der Liebe zu mir und dem Spielen zu entscheiden, deswegen würde dieser Satz nie wieder über meine Lippen gehen. Ich entscheide jetzt für mich, dass ich dieses Leben mit ihm nicht mehr führe. Das Einzige was mir gerade hilft, ist zu wissen, dass ich alles getan habe was in meiner Macht stand. Danke Olli, für die vielen Gedankenanstöße!

amTiefpunkt, ich musste bei deinem Vergleich mit der Kindeserziehung etwas schmunzeln. Du hast vollkommen Recht und reflektierend hatte ich immer ein zweites Kind zu Hause, um das ich mich immer noch viel mehr kümmern musste, als um das "echte Kind". Meine Tochter spielt auch Machtspiele mit mir, aber ob man diese noch mit einem Erwachsenen Mann spielen muss? Interessanter Gedanke, werde nochmal darüber nachdenken. Deinen letzten Satz habe ich mir direkt auf ein Post-it geschrieben, werde mir diesen Satz in Sichtweite anbringen!

Ich danke Euch für die Rückmeldungen.

Viele Grüße,
Wolke



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Re: Ich "spiele" nicht mehr mit..
#4: 10.04.2018 12:08:22
Hi Wolke,

Zitat
Ich entscheide jetzt für mich, dass ich dieses Leben mit ihm nicht mehr führe.

Dies mag sich zunächst mal egoistisch anfühlen, aber wird dich und deine Tochter weiter bringen und ihn wahrscheinlich auch!!! Die Zukunft ist nicht in Stein gemeißelt, es ist unklar wie es mit ihm weiter geht. Geh du deinen Weg und es wird sich zeigen, ob es nochmal ein "wir" für euch gibt! Jetzt heißt es erstmal in geordnetes Fahrwasser zu kommen, alles andere kommt später!

aT
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