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Jürgens Tagebuch

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Jacky1:
Hallo,

Begierde.

Jürgen:
An einem Tage brachte meine Mutter einen neuen Vater nach hause.
Ein recht einfacher Mann,seriös und noch nicht weit herum gekommen in der Welt.
Kein Draufgänger,ein bescheidenes Leben führte er bisher,niemals versucht ein anderer zu sein.
Doch beruflich in einer führenden Position,meine Mutter profitierte davon.
Und plötzlich musste ich mich nicht mehr,angezogen wie ein Kind in den Wirren des Krieges,nach draußen begeben.
Alles ging recht schnell,Heirat,ein Eigenheim in einer neuen Stadt.
Ich konnte ihn nicht leiden.

Einen Vater hätte ich mir gewünscht,der mich auf seinen Schultern trägt und mit mir spielt.
Einen Despoten habe ich bekommen,ich war sein Feind.
Ich plante oft seinen Tod,Wunschpläne.
Ich kann kaum beschreiben wie sehr ich oft Angst hatte nach hause zu kommen.
Irgendetwas war ja sowieso,eine alte Scheibe eingeschlagen oder Blumen aus einem Garten abgerissen.
Was bin ich immer von Daheim weggelaufen,doch wo sollte ich schon hin.

Ich muss es nun kurz erwähnen,so höre ich doch immer wieder dass man ja selbst "seines Glückes Schmied" wäre.
Dieses Sprichwort ist der blanke Hohn,auch für einen Erwachsenen.
Niemand fragte mich ob ich geboren werden sollte,ich musste es einfach hinnehmen.
Meine Kindheit war nicht die Hölle,da gibt es unendlich andere Schicksale.
Meine Eltern hätten etwas besseres verdient,nicht ich.
Es ist keine Anklage,nur mein Leben,niemand müsste es lesen.

Am Tage der Hochzeit spielte ich zum ersten male an einem Geldspieler.
Am Tage an dem die Liebe meiner Eltern gefeiert wurde,sah ich in meine Zukunft.
Dieses Erlebnis hat absolut nichts mit meiner kommenden Sucht zu tun.
Komischerweise schmerzen mich diese 2 Mark auch heute noch.
Nicht mehr mein Problem,Jackys.

Bis zu seinem Tode nahm mich mein Stiefvater nur einmal in den Arm,es war mir unangenehm. 

Begierde.         


   

 
         
       
     

Jacky1:
Hallo,

Kälte

Jürgen:
Nach dem Umzug in ein neues Zuhause,ein neuer Anfang.
Neue Freunde und altes Leid,ohne fremde Fürsprecher hätten meine Eltern mich nie aufs Gymnasium gehen lassen.
Manchmal sagt mein Stiefvater zu mir,"du denkst wohl,du bist was besonderes".
Aber dies regelte ich von ganz alleine,mein Verhalten blieb das Gleiche.

Fußball spielte ich sehr gerne,ich konnte abschalten dabei und freute mich auf jedes Spiel.
Schon sehr früh spielte ich in einer überregionalen Auswahl,keiner wollte es bemerken.
Gemeinsame Urlaube waren keine für mich,zu sehr musste ich mich konzentrieren.
Nur nichts falsch machen,jeder Fehler kostete mich Kraft.
Jacky half mir immer sehr dabei,manipulieren.

Oft war ich unglaublich traurig,jeder kleinste Anlass berührte mich sehr.
Ein Wort,ein Blick,eine Geste.
Ich fühlte mich fremd in der eigenen Familie,Selbstmitleid kennt kein Mitleid.
Einige bemerkten es und so führte ich wieder Gespräche,mit qualifiziertem Personal.
Sie fragen dich Dinge die keinen Sinn ergeben,keiner kam auf die Idee zu fragen "wie geht es dir,was fühlst du."
Ihre bunt eingerichteten Praxen erinnerten eher an einen Zirkus,als an einen heilenden Ort.
Man drohte mir in eine Einrichtung für schwer Erziehbare zu kommen,Verhaltensstörung.

Das Schicksal wollte es wohl so,der Rhein war wieder in meiner Nähe.
Aber ich erinnerte mich an den Schmerz des Fallens von einst,so ließ ich mich lieber treiben.
Es führte mich in einen Abzweig zu einem Kraftwerk.
Unglaubliche Angst trat ein,so wusste ich von den Rechen die Dinge aufhalten sollten,um die Turbinen nicht zu beschädigen.
Ich gab alles,wie im Rausch des Lebens erreichte ich das Ufer,eine Wand aus Beton.
Zwischendrin eine Treppe zum Land,wohl für unentschlossene wie mich.
Der Rhein macht mir keine Angst mehr,gerne gehe ich noch dort spazieren. 

Kälte.

/ Mein Experiment droht zu scheitern,ich schreibe nur negatives aus meiner Kindheit.
Dies kommt vor allem meinen Eltern nicht gerecht.
Ich manipuliere mich wieder selbst,ich suche wohl Schuldige.
Entlasten wollte ich alle,belasten nur mich selbst.
Ein Selbstläufer sollte es werden,ich kann nicht mehr sicher sagen ob es so ist.

Ich schreibe mich ins Abseits,vor mir selbst.
Ich schäme mich unglaublich  meiner Worte (diesen Satz bitte nicht kommentieren).
Was mache ich nur,an einem heiligen Abend.   

           
 
   
               

MiLu:
Lieber Jackson,

ich möchte gar nicht viel schreiben....ich lese Dich lieber!

Bitte höre auf dich belasten zu wollen, ich erkenne es eher (endlich) als entlasten...

Es scheinen die richtigen, wahren Augenblicke zu sein!

Ich bin bei Dir!

Liebe Grüße

MiLu

Rainer:
Mein lieber Freund Jacky,

Jahrzehnte lang konnte ich denen die mir unendliches Leid zugefügt haben nicht verzeihen.
Suchte und fand währenddessen zuflucht in einer eigens für mich geschaffenen Welt.
Die Welt jedoch drehte sich weiter..immer mehr immer weiter, ohne mich..Stillstand.
Gefangener meiner selbst, gefangen in meiner Welt, die Augen verschlossen..wohin?
Der Rhein, eine Brücke, ein Baum...nicht relevant, es gab mich nicht...Sinnlos.

Zeit für Veränderung, wer bin ich, wo bin ich, was was bin ich, wo möchte ich hin..Fragen.
Mühsam über den eigenen Schatten springen, über den Schatten der Vergangenheit...möglich.
Ein schwieriger Weg, sehr holperig, vorher konnte ich nicht, jetzt kann, jetzt darf ich stolpern...Schmerz, manchmal auch Leid.
Langsam wird es besser, die Augen nimmer zu.
Der Rhein, ein schöner Fluss.
Verzieh denen die ich eigentlich nicht verzeihen möchte....befreiend.
Mein Weg, heute nur meinen Weg, einer Straße entlang..niemand denen ich verzeihen konnte läuft mit...ein guter Tag.

Für mich geschrieben...nein, für Dich!

Karo:
Lieber Jacky,

ich bin mit meinen Gefühlen ganz bei dir und wenn du dich selber nicht verstehen kannst...ich kann es.

Ich fühle mit dir, und dies ist alles andere als leicht ! Doch diese Gefühle wollen auch angesehen werden...ja auch angenommen und nicht für wertlos und unangebracht gehalten werden. Sie geben keine Ruhe, bevor sie Anerkennung erfahren dürfen. Sie haben ein Recht darauf !!!

Natürlich sind es ""nur"" Teile /Ausschnitte (aber ganz entscheidende ud prägende) ....Doch da gibt es auch andere Momente...Erfahrungen im Leben...
Diese gab /gibt doch die Kraft und Hoffnung zum weiter leben....Was sonst ???

Aber diese guten Teile /Ausschnitte ...Erfahrungen waren/sind eben gerade in Moment nicht DAS Thema gewesen. Alles zu seiner Zeit.

Ich bin bei dir, bitte fühl dich nicht allein

lg Karo

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